Unterseeischer Vulkanismus
Hotspots und Inselketten
- Auch im Inneren von ozeanischen und kontinentalen Platten gibt es bedeutsamen Vulkanismus.
- Dieser Hotspot-Vulkanismus lässt sich durch das Mantle-Plume-Modell erklären.
- Er ermöglicht der Wissenschaft aber auch Einblicke in den unteren Erdmantel.
Der überwiegende Anteil aktiver Vulkane (circa 90 Prozent) wird durch plattentektonische Prozesse an konvergierenden und divergierenden Plattengrenzen (sogenannten Subduktions- oder Spreizungszonen) wie den Anden oder dem Mittelozeanischen Rücken ausgelöst. Aber auch im Inneren von ozeanischen und kontinentalen Platten gibt es bedeutsamen Vulkanismus, der als Intraplattenvulkanismus bezeichnet wird. Es wird davon ausgegangen, dass mehr als 25 Millionen Vulkane den Meeresboden bedecken, wovon aktive Vulkaninseln wie Hawaii eine Höhe von bis zu 10 Kilometern über dem umgebenden Meeresboden erreichen können.
Eine besondere Form des Intraplattenvulkanismus sind bis zu mehrere tausend Kilometer lange Vulkanketten, deren Vulkanismus in Richtung einer vulkanisch aktiven, ozeanischen Insel systematisch jünger wird, was als altersprogressiver Intraplattenvulkanismus beschrieben wird. Das klassische Beispiel für diese Form des Vulkanismus ist die Hawaii-Emperor-Vulkankette im Pazifik, die aus einzelnen isolierten Unterwasservulkanen besteht (englisch Seamounts) und an den hawaiianischen Inseln mündet. Altersprogressiver Intraplattenvulkanismus kann aber auch am Meeresboden mächtige kammartige Gebirge formen, die in ihrer Ausdehnung mit den Alpen vergleichbar sind. Das ist am 'Walfischrücken' (englisch Walvis Ridge) im Südatlantik der Fall. Am Ursprung vieler altersprogressiver Vulkanketten liegen ozeanische Plateaus oder kontinentale Flutbasalte, die binnen weniger Millionen Jahre durch mehrere hunderttausend Kubikmeter Lava geformt wurden.
Der altersprogressive Intraplattenvulkanismus hat eine erhebliche globale Bedeutung. Zum einen beherbergen einige kontinentale Flutbasalte weltweit bedeutsame Rohstoffvorkommen. Zum anderen kann die Freisetzung von Vulkangasen und anderen Eruptionsprodukten zu einer globalen Erwärmung, Versauerung und Sauerstoffverarmung der Meere führen. Diese massiven marinen Gebirgsketten können zudem die Ozeanzirkulation und somit das Klima nachhaltig beeinflussen. Neben diesen Effekten bilden größere Seamounts, submarine Gebirgskämme und Plateaus, im Vergleich zur umgebenden Tiefsee, Oasen für komplexe Ökosysteme, besonders wenn sie die sogenannte photische Zone erreichen. Dabei handelt es sich um diejenige Schicht im Wasser, in die noch Lichtstrahlen dringen können und in der Photosynthese und als Folge Algen- und Sauerstoffbildung möglich ist.
Das Mantel-Plume-Modell
Altersprogressive Vulkanketten werden durch die Bewegung der ozeanischen Kruste über eine relativ stationäre thermische Schmelzanomalie, einen Hotspot, erklärt. Diese Hotspots werden durch fokussiert-aufsteigendes Mantelmaterial, dem sogenannten Mantel-Plume, aus dem tiefen Erdmantel an einem Ort fixiert. Hotspots selbst wandern also nicht, vielmehr bewegen sich ozeanische Platten über solche „heißen Punkte“ hinweg.
Dementsprechend werden Hotspots als der Oberflächenausdruck von Mantel-Plumes betrachtet, bei denen heißes Material von einer thermischen Grenzschicht, wie der Kern-Mantel-Grenze, innerhalb der Erde aufsteigt. Wenn das aufsteigende Material schließlich geringe Manteltiefen erreicht, führt Dekompression zu seiner Aufschmelzung und somit zu Vulkanismus. Durch die kontinuierliche Plattenbewegung wird der entstandene Vulkan vom Hotspot wegbewegt, der Vulkanismus erliegt und ein neuer Vulkan bildet sich über dem Hotspot. Dieser Prozess kann sich über mehrere tausend Kilometer über mehr als 100 Millionen Jahre wiederholen und diese altersprogressive Vulkanketten bilden.
Nach dem klassischen Model hat der aufsteigende Mantel-Plume eine pilzartige Form. Basierend auf der Mantel-Plume-Form kann die Hotspot-Aktivität in zwei Phasen untergliedert werden. In der ersten Phase erreicht der große Plumekopf die Basis der Lithosphäre und formt binnen weniger Millionen Jahre ein ozeanisches Plateau oder eine Flutbasaltprovinz. Die zweite Phase ist durch den langlebigen Plumeschlot gekennzeichnet der relativ stationär unter der Platte verbleibt und die altersprogressive Vulkankette bildet (s. Abb. 1).
Einblicke in den Unteren Erdmantel
In den letzten Jahrzehnten wurde das Plume-Model durch die Synthese von geochemischen und geophysikalischen Untersuchungen sowie von experimentellen Versuchen und rein rechnerische Simulationen kontinuierlich weiterentwickelt, wobei das Grundprinzip, dass heißes Material aus dem Erdmantel aufsteigt, beibehalten und bestätigt werden konnte.
Die chemische Zusammensetzung von der aus Hotspots entströmenden Lava (Hotspot-Laven) ist global betrachtet sehr unterschiedlich. Sie kann aber von vulkanischen Gesteinen, die aus dem oberen Erdmantel entstammen, deutlich unterschieden werden. Auf der anderen Seite ist die geochemische Zusammensetzung der Vulkane entlang einzelner Hotspotspuren relativ homogen. Diese beständige geochemische Signatur weist darauf hin, dass die Hotspots kontinuierlich von einer Mantelquelle gespeist werden, die vom oberen Mantel isoliert ist.
Der geochemische Fingerabdruck vieler Hotspot-Laven zeigt aber auch eine gewisse Ähnlichkeit zur ozeanischen Kruste und zu kontinentalem Material. An Subduktionszonen wie den Anden wird über Millionen von Jahren kontinuierlich ozeanische Kruste und kontinentales Material in den Erdmantel hinein „recycelt“. Durch diesen Prozess wird das quasi „herunter geschobene“ (subduzierte) Material chemisch verändert, was in der Zusammensetzung der Hotspot-Laven beobachtet werden kann. Seismische Daten zeigen, dass ein Großteil der subduzierten Platten in den unteren Erdmantel abtaucht, sich dort ansammelt und dann durch Mantel-Plumes wieder an die Oberfläche gebracht werden kann.
Interessanterweise überlagert die überwiegende Anzahl der ozeanischen Hotspots (38 von 42 aus dem Hotspotkatalog von M. Jackson, Abb. 2) zwei gigantische seismische Anomalien am unteren Mantel, die als pazifische und afrikanische LLSVP (Large Low Shear Velocity Province) bekannt sind. Der Ursprung der LLSVPs ist rätselhaft, aber vieles deutet darauf hin, dass diese gigantischen Provinzen wahrscheinlich aus ursprünglichem Mantelmaterial aus der Entstehungszeit der Erde und recyceltem Krustenmaterial bestehen und eine potentielle Quelle für Mantel-Plumes darstellen. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Mantel-Plumes und LLSVPs ist allgemein anerkannt, aber die Art und Weise ihrer Wechselwirkung sowie der Ursprung und die Zusammensetzung der LLSVPs ist weiterhin Gegenstand der Forschung.
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DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.2020.2.5.5
Zitiervorschlag: Homrighausen, S. (2020). Hotspots und Inselketten. In O. Jorzik, J. Kandarr, P. Klinghammer & D. Spreen (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Vulkanismus und Gesellschaft. Zwischen Risiko, Vorsorge und Faszination (S. 113-116). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2020.2.5.5