Vulkanismus im Sonnensystem
Marsvulkan Olympus Mons – der größte Vulkan unseres Sonnensystems
- Auf dem Mars befindet sich der größte Vulkan unseres Sonnensystems.
- Neben Einschlagkratern prägen die Folgen des Vulkanismus den heutigen Mars.
- Die Erforschung des Mars ist mit der Frage nach außerirdischem Leben eng verbunden.
Als Giovanni Schiaparelli im Jahr 1877 seine „Canali“ auf dem Mars entdeckte, wurde der Astronom am Osservatorio Astronomico di Brera in Mailand auf einen Schlag weltberühmt. Er nahm riesige linienförmige Strukturen wahr, 1000 Kilometer lange Marskanäle, hinter deren Entstehung phantasiebegabte Autoren später intelligente Lebewesen sahen. Mit dieser Interpretation riefen sie den Mythos vom Marsmenschen ins Leben. Schiaparelli selber war unentschieden, ob die Kanäle wetterbedingte und geologische Ursachen hatten oder ob es nicht doch Wesen auf dem Mars gäbe, die sie gebaut hätten. Der Rote Planet ließ Schiaparelli nicht los. Zwei Jahre später entdeckte er bei weiteren Untersuchungen in der Region Tharsis ein helles Gebiet. Schiaparelli dachte, es würde sich um Schnee handeln und nannte das große Gebiet „Nix Olympica“ („nix“ für lateinisch Schnee).
Schnee und Wasser auf dem Mars? Der Gedanke daran treibt die Forschung bis heute an. Hundert Jahre nach Schiaparellis Entdeckungen schickte die NASA mehrere Mariner-Sonden Richtung Mars. Mitte der sechziger Jahre setzte die Mariner-4-Sonde dem Mythos von intelligentem Leben auf dem Mars ein Ende. Der Mars entpuppte sich als mondähnlicher Himmelskörper mit einer dünnen Atmosphäre, die im Wesentlichen aus Kohlendioxid besteht. Auch von künstlichen Kanälen fand sich keine Spur. Die Mitte der 1970er auf dem Mars gelandeten Viking-Sonden führten zwar Experimente mit sich, die nach Lebensspuren fahnden sollten, aber sie erbrachten keine eindeutigen Ergebnisse. Bis heute ist die Frage, ob es auf dem Mars, während seiner langen Geschichte, zumindest einmal Leben gegeben haben könnte, nicht endgültig geklärt.
Die drei Marszeitalter
Die Geschichte des Planeten Mars wird von der Forschung in drei große geologische Epochen eingeteilt. Das erste Marszeitalter, das Noachium, wird von etwa 4,1 bis 3,7 Milliarden Jahren vor heute datiert. Für diese Zeit sind eine hohe Zahl von Meteoriteneinschlägen („das große Bombardement“), zahlreiche Flusssysteme mit pH-neutralem Wasser, eine hohe Vulkanaktivität und gewaltige Spannungen in der Marskruste charakteristisch.
Hiernach folgte das Hesperium, das von etwa 3,7 bis 3,4 Milliarden Jahren vor heute datiert wird. Kennzeichnend für dieses Zeitalter sind gigantische, aber periodische Flutereignisse und große Canyons. Zu dieser Zeit muss es zu einem weitreichenden, marsweiten Klimawandel gekommen sein. Der pH-Wert des Wassers wurde geringer, also sauer, und die Ablagerungen, die dabei entstanden, bestanden nicht mehr aus Tonmineralen, sondern aus Salzen. Die vulkanische Aktivität setzt sich während dieser Epoche fort.
Das Amazonium ist das jüngste und längste Marszeitalter. Es begann von etwa 3,4 Milliarden Jahren und dauert bis heute an. Wasseraktivität, Tektonik und Vulkanismus kommen weitgehend zum Erliegen. Dagegen bildeten sich die meisten Gletscher und die Ablagerungen in den Polregionen. Die Windaktivität wird zu einem formgebenden Prozess an der Oberfläche. Durch Wind verursachte Abtragungen und Dünenbildungen werden nicht mehr von anderen geologischen Prozessen verwischt (Jaumann et al., 2018, S. 126-128).
Der größte Berg im Sonnensystem
Das von Schiaparelli benannte Schneegebiet in der Nähe der Mars-Region Tharsis nahmen 1969 und 1971 die amerikanischen Mariner-Sonden 7 und 9 genauer unter die Lupe. Bei den Fotoaufnahmen von dem Gebiet kristallisierten sich rund um das Nix Olympica vier riesige Vulkane heraus. Der größte dieser Vulkane war identisch mit dem von Schiaparelli entdeckten „Schneegebiet“.
Fortan wurde dieser gigantische Schildvulkan Olympus Mons („mons“ für lateinisch Berg) genannt. Der Berg hat wahrlich olympische Ausmaße. Nimmt man die Umgebung als Referenzpunkt ist er etwa 26 Kilometer hoch. Relativ zum Nullniveau, das auf dem Mars durch einen Luftdruck von 6,1 Millibar definiert ist, da es dort keine Meere und folglich auch keinen Meeresspiegel gibt, erreicht der Olympus Mons eine Höhe von 21 Kilometern (Jaumann et al., 2018, S. 131). Das ist auf jeden Fall ein Vielfaches der Höhe des Mount Everest, der mit 8.838 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Berg auf der Erde ist. Der optische Eindruck vor Ort muss eindrucksvoll sein – man versuche einfach, sich den Blick auf einen Berg vorzustellen, der sich 26 Kilometer über seine Umgebung erhebt.
Mit seinen immensen Ausmaßen ist Olympus nicht nur der größte bekannte Vulkan unseres Sonnensystems, sondern der größte bekannte Berg in unserem Planetensystem überhaupt. Sein Durchmesser beträgt rund 600 Kilometer, das entspricht etwa der Strecke von Paris nach Frankfurt am Main. Seine Außenhänge weisen bis zu acht Kilometer hohe Steilkanten auf (Jaumann et al., 2018, S. 131). Sie geben ihm das Bild einer gigantischen außerirdischen Trutzburg.
Schildvulkan heißt er wegen seines schildartigen Aussehens. Es entsteht, wenn dünnflüssige Lava in hoher Geschwindigkeit ausfließt. Wir kennen solche Vulkane auch auf der Erde auf Hawaii oder auf Island. Der Marsvulkanberg Olympus Mons wuchs wahrscheinlich ganz ähnlich wie die hawaiianischen oder kanarischen Vulkane auf einem „Hotspot“, d. h. auf einem heißen Punkt tief unter der Oberfläche, von dem flüssiges Material aufsteigt. Weil es auf dem Mars aber keine Plattentektonik gibt, bildet ein Hotspot keine Kette von Vulkanen auf einer sich darüber hinwegschiebenden ozeanischen oder kontinentalen Platte, sondern bleibt immer an derselben Stelle. Die an die Oberfläche kommende dünnflüssige Lava verteilt sich folglich nicht auf mehrere Feuerberge, sondern bildet mit jeder erneuten Aktivität Schicht für Schicht einen einzigen, gewaltigen Vulkan.
Weitere Vulkangiganten in der Nachbarschaft
In der Mitte dieses Mars-Schildvulkans liegen mehrere Calderen – riesige trichterförmige Mulden, die durch Explosion oder Einsturz der Magmakammern entstanden sind. Bekannte Calderen auf der Erde sind die des Vesuvs in Italien oder des Mount St. Helens in den USA. Die Calderen dieser beiden Vulkane durchmessen wenige Kilometer und sind Winzlinge im Vergleich zu der zentralen Caldera des Olympus Mons, die einen Durchmesser von bis zu 90 Kilometer aufweist (Der Rote Planet in 3D, 2008). Die ineinander liegenden Calderen des Olympus Mons weisen unterschiedliche Alter auf. Die jüngsten sind 134 Millionen Jahre (134 Ma = Megaannum) alt, die ältesten 712 Millionen Jahre (Werner, 2005, S. 130).
Der Vulkan Olympus Mons ist nicht allein. Die Oberfläche des Mars ist mit weiteren zahlreichen großen Vulkankegeln bestückt. Insgesamt konzentrieren sich die Marsvulkane in vier Regionen auf dem Planeten. Olympus Mons liegt nahe der Tharsis Region, die sich 4000 Kilometer in Ost-West-Richtung und über 3500 km in Nord-Süd-Richtung ausdehnt. In dieser Region finden sich zwölf größere Vulkane, mehr als hundert kleinere Schildvulkane und ausgedehnte Lavaebenen. Etwas nordöstlich vom Olympus Mons befindet sich der Vulkan Alba Patera. Sein Durchmesser ist mit mehr als 1000 Kilometer beinahe doppelt so groß wie der des Mons Olympus, allerdings ragt er nur drei Kilometer über seine Umgebung auf. Ebenfalls in der Nähe sind Ascraeus Mons, 18 Kilometer hoch, der 12 Kilometer hohe Pavonis Mons oder der 14 Kilometer hohe Arsia Mons beheimatet (Jaumann et al., 2018, S. 132). Diese drei Riesenvulkane liegen auf einer Linie im Scheitel von Tharsis und bilden mit dem Olympus ein gleichschenkliges Dreieck, mit Olympus an der Spitze und Pavonis fast in der Mitte der Basis.
Keiner dieser Vulkane ist noch aktiv. Die jüngste nachgewiesene Lava auf dem Olympus Mons ist etwa zwei Millionen Jahre alt. Geologisch gesehen ein relativ kurzer Zeitraum, der durchaus auch nur eine Ruhepause bedeuten kann. Das ursprüngliche Entstehungsdatum des „Proto-Olympus“ könnte durchaus 3,8 Milliarden Jahre (3,8 Ga = Gigaannum) zurückliegen. Die Entwicklungsgeschichte des Vulkans führt allerdings naturgemäß zu unterschiedlichen Angaben bezüglich des Alters erstarrter Lavaablagerungen in der Caldera des Vulkans (Musiol et al., 2016, S. 257; Werner, 2005, S. 127 ff.). Olympus Mons kann daher gut auch der Vulkan mit der längsten Aktivitätsdauer im Sonnensystem sein.
Marsatmosphäre von Vulkanen beeinflusst
Die CO2-haltige Atmosphäre des Mars erklärt sich aus den vulkanischen Aktivitäten. Die vulkanische Aktivität begann von mehr als vier Milliarden Jahren und endete mit Ausnahme lokaler Einzelereignisse vor etwa hundert Millionen Jahren. Letzte Vulkanaktivitäten hat es am Olympus Mons aber noch vor zwei Millionen Jahren gegeben. Der Mars ist kleiner als die Erde, seine erkaltete Kruste dicker und es gibt zudem keine Plattentektonik, weshalb der Vulkanismus im Gegensatz zu dem auf der Erde im Großen und Ganzen erlosch. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es in der Marskruste irgendwo noch heiße Magmakammern gibt, die auch in der Zukunft zu erneuter vulkanischer Aktivität führen können.
Wie auf der Erde reicherten die Vulkane auch auf dem Mars die Atmosphäre mit Treibhausgasen an. Aufgrund des 95%igen CO2-Gehalts seiner Atmosphäre ist es auch heute auf dem Mars noch vergleichsweise „mild“. Am Boden kann die Temperatur in Äquatornähe tagsüber durchaus auch etwas über 0° Celsius steigen, nachts fällt sie dann aber auf bis zu minus 80° Celsius. Anders als auf der Erde reicherte sich die Marsatmosphäre aber nicht nachhaltig und dauerhaft mit Sauerstoff an. Für den Sauerstoffgehalt von 21 Prozent auf der Erde ist einerseits die Photosynthese verantwortlich – ein organischer Prozess, der CO2 in Zucker und Sauerstoff umwandelt (Jaumann et al., 2018, S. 95 f.). Andererseits wurden durch die Sedimentablagerungen aus Kalkstein, die das Leben auf der Erde hinterlassen hat, gewaltige Mengen CO2 aus der Erdatmosphäre entnommen und in die Erdkruste eingelagert (Geldmacher et al., 2020). Zudem hat die Erde ein stärkeres Gravitationsfeld und kann daher Sauerstoff besser an sich binden.
Auf der Erde begann der Umwandlungsprozess der Atmosphäre vor etwa 3,5 Milliarden Jahren, ausgelöst durch den Stoffwechsel von Blaualgen. Die Erdatmosphäre, wie wir sie kennen, gibt es aber erst seit ca. 350 Millionen Jahren. Dennoch könnte der Mars in der Frühzeit des Sonnensystems eine größere Ähnlichkeit mit unserem Planeten gehabt haben als heute. Die Forschung schwankt in Bezug auf die Marsfrühzeit zwischen den Hypothesen „warm und feucht“ und „kalt und feucht“ (Köhler, 2019a). „Vieles deutet darauf hin, dass es kurz vor dem Übergang vom Noachium zum Hesperium (etwa vor 3,7 Milliarden Jahren) einen einschneidenden Klimaumschwung gab, bei dem sich das Marsklima von mäßig kühlen, feuchten und neutralen Bedingungen zu deutlich kühleren, trockeneren und sauren Umweltbedingungen gewandelt hat“ (Jaumann et al., 2018, S. 136). Heute dagegen ist der Mars trocken und kalt. Ob es aber auch auf dem Mars zur Entstehung von Leben gekommen sein könnte, ein solches vielleicht sogar heute noch existiert, soll nun in einer Reihe von Missionen erforscht werden. Die NASA plant die Mission „Mars 2020“ noch dieses Jahr zu starten. „ExoMars“ (ESA/Roskosmos) wurde auch wegen COVID-19 auf 2022 verschoben (Köhler, 2019b; Nestler, 2020; Schulze-Makuch, 2020).
Referenzen
- Der Rote Planet in 3D. (2008, 7. Februar). [Spektrum.de]. Aufgerufen am 21.09.2020.
- Geldmacher, J., Werner, R., Hauff, F. & Uenzelmann-Neben, G. (2020). Marine Supervulkane und deren Auswirkungen in der Erdgeschichte. In D. Spreen, J. Kandarr, P. Klinghammer & O. Jorzik (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Vulkanismus und Gesellschaft. Zwischen Risiko, Vorsorge und Faszination (S. 117-120). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2020.2.5.6
- Jaumann, R., Köhler, U., Sohl, F., Tirsch, D. & Pieth, S. (2018). Expeditionen zu fremden Welten. 20 Milliarden Kilometer durch das Sonnensystem. Berlin: Springer. doi:10.1007/978-3-662-54996-4
- Köhler, H. W. (1978). Der Mars. Bericht über einen Nachbarplaneten. Wiesbaden: Vieweg+Teubner. doi:10.1007/978-3-322-99038-9
- Köhler, U. (2019a). Marsforschung aktuell (I). Die Perspektive aus dem Orbit – Das große Ganze aus der Distanz erkennen. Raumfahrt Concret, 21(106), 23-27.
- Köhler, U. (2019b). Marsforschung aktuell (II). Auf „dem Boden der Tatsachen“. Der Versuch, zwei große Fragen zu beantworten. Raumfahrt Concret, 21(109/110), 39-45.
- Musiol, S., Holohan, E. P., Cailleau, B., Platz, T., Dumke, A., Walter, T. R., Williams, D. A. & van Gasselt, S. (2016). Lithospheric flexure and gravity spreading of Olympus Mons volcano, Mars. JGR Planets, 121(3), 255-272. doi:10.1002/2015JE004896
- Nestler, R. (2020, 12. März). Start von „ExoMars“ wird erneut verschoben [www.tagesspiegel.de]. Aufgerufen am 14.03.2020.
- Platz, T. (2011). Marsvulkane – Giganten des Sonnensystems. Sterne und Weltraum, (5), 24-32.
- Rauchhaupt, U. v. (2009). Der neunte Kontinent. Die wissenschaftliche Eroberung des Mars. Frankfurt am Main: Fischer.
- Schulze-Makuch, D. (2020, 10. Juni). Trocken und kalt: Suche nach Leben auf dem Mars. Earth System Knowledge Platform [www.eskp.de], 7. doi:10.2312/eskp.029
- Werner, S. C. (2005). Major Aspects of the Chronostratigraphy and Geologic Evolutionary History of Mars (Dissertation, Geowissenschaften, Freie Universität Berlin). Berlin. doi:10.17169/refubium-15705
Weitere Informationen
- Karte des Mars (zur besseren Übersicht im Feld „Orthoimage footprints“ das Häckchen entfernen)
DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.2020.2.8.2
Zitiervorschlag: Jorzik, O. & Spreen, D. (2020). Marsvulkan Olympus Mons – der größte Vulkan unseres Sonnensystems. In O. Jorzik, J. Kandarr, P. Klinghammer & D. Spreen (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Vulkanismus und Gesellschaft. Zwischen Risiko, Vorsorge und Faszination (S. 185-189). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2020.2.8.2