Gesellschaft und Vulkanismus

Die Bedeutung von Informationen zu Vulkanausbrüchen für den Flugverkehr

Vulkanasche und Vulkanwolken können erhebliche Auswirkungen auf den Flugverkehr haben. Der Flugexperte Klaus Sievers gibt einen Überblick über aktuelle Regelungen und die Chancen für die Flugsicherheit, die sich aus neuen Technologien ergeben.

Text: Klaus Sievers

Vereinigung Cockpit

  • Unter günstigen Voraussetzungen kann eine Eruption kurzfristig vorausgesagt werden.
  • Pilot*innen erhalten vor ihren Flügen notwendige Informationen über Vulkanaktivitäten. Diese können für Crew und Passagiere lebenswichtig sein.
  • Flugzeuge haben keine Geräte zur Messung von Vulkanasche an Bord, sie sind während des Flugs allein auf Augensicht angewiesen. Dadurch fehlen präzise Echtzeit-Informationen über die Gefährdung durch Vulkanasche.

Vulkanausbrüche und Luftfahrt

Vulkanausbrüche sind ein Naturphänomen, das große Auswirkungen auf die Luftfahrt haben kann und mit dem sie sicher umgehen muss. Denn fliegt ein Flugzeug durch eine Vulkanaschewolke kann es zu lebensbedrohlichen und teuren Schäden kommen. Im Folgenden werden die bestehende Vorhersage- und Warnsysteme beschrieben und Informationen zu möglichen Weiterentwicklungen aus dem Blickwinkel der Pilot*innen gegeben.

Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO (englisch International Civil Aviation Organization) hat ein System etabliert, das die Luftfahrt mit den nötigen Informationen und Warnungen bezüglich Vulkaneruptionen versorgt. In diesem System haben die verschiedenen Vulkanobservatorien u. a. die Aufgabe, Vulkane zu beobachten, entsprechende Messungen durchzuführen und Berichte zu erstellen, sowie – falls möglich – Vorhersagen bezüglich des zukünftigen Verhaltens eines Vulkans auszuarbeiten. Ziel der Bemühungen ist es, jegliches Zusammentreffen von Flugzeugen und Aschewolken zu vermeiden. Die Weltorganisation der Vulkanobservatorien (WOVO) ist unter Website wovo.org zu finden.

Derzeit ist es allerdings nicht möglich, genaue Vorhersagen mit einem Vorlauf von Monaten oder Wochen zu treffen. Unter günstigen Voraussetzungen, falls der Vulkan mit dem richtigen Instrumentarium beobachtet wurde, kann eine Eruption kurzfristig vorausgesagt werden. Es werden jedoch nicht alle Vulkane gründlich beobachtet, da die Budgets für Vulkanobservatorien begrenzt sind. In der Praxis kommt es nach wie vor zu unerwarteten Ausbrüchen nur wenig oder gar nicht überwachter Vulkane, wie im Falle des Mount Nabro in Afrika im Jahre 2011.

Vulkanobservatorien übermitteln den Status eines Vulkans an die Luftfahrt im Allgemeinen mit Hilfe des sogenannten „Aviation Volcano Alert Status Colour Code“, eines universellen Warnsystems für die Luftfahrt. Ein universelles System eignet sich besonders für den Luftfahrtsektor, da Piloten oder Fluglotsen, die Flüge über weite Regionen der Welt planen oder durchführen, schnell den Status zahlreicher Vulkane in mehreren Ländern ermitteln und feststellen müssen.

Dies ist wichtig für die Frage, ob eine ständige Aufmerksamkeit der Piloten notwendig ist oder eine Umleitung und zusätzlicher Treibstoff erforderlich sind.
Dieses System verwendet vier Farbcodes. Dieser internationale Farbcode sollte Bestandteil von sogenannten ASHTAMs  oder NOTAMs sein. Diese Bulletins für Piloten liefern Informationen über Vulkanaktivitäten und den aktuellen Status eines Vulkans. Entsprechend dem ICAO-Dokument 9766, dem Handbuch der International Airways Volcano Watch (IAVW), sollte folgender Code verwendet werden:

Blick aus Flugzeugfenster auf den Vulkan Mount Baker, USA.
Foto: Klaus Sievers

  • GRÜN: Der Status des Vulkans ist nicht-eruptiv.
  • GELB: Der Vulkan zeigt Anzeichen erhöhter Unruhe über das übliche Niveau hinaus.
  • ORANGE: Der Vulkan zeigt erhöhte oder eskalierende Unruhe mit erhöhtem Eruptionspotential.
  • ROT: Eine Eruption steht unmittelbar bevor oder ist im Anzug – eine deutliche Erhöhung der Aschenemission in die Atmosphäre ist wahrscheinlich.

Abgesehen von der Überwachung von Vulkanen besteht eine weitere wichtige Aufgabe der Vulkanobservatorien im Verfassen von Berichten über Eruptionen. Letztere können verschiedene Formen annehmen. Dazu zählen etwa Angaben zu Lavaaustritten an die Erdoberfläche in Verbindung mit geringem oder umfangreichem Austritt von Gasen (SO2) oder die Herausbildung von Eruptionswolken. Diese können eine erhebliche Höhe erreichen – 20 Kilometer oder mehr – wobei sie beispielsweise eine pilzförmige Wolke bilden können.

Die Einzelheiten einer Eruption sind von großer Bedeutung für die Entwicklung und den Betrieb von Vorhersagemodellen sowie zur Verfolgung der Verteilung vulkanischer Asche und Gaswolken. Im Falle einiger Vulkane sind beachtliche Investitionen in die Bestimmung der Eigenschaften von Eruptionswolken geflossen, in Messgeräte wie Lidar sowie spezielle Radar-Instrumente, Infrarot SO2-Kameras oder Flugzeuge/Drohnen zur Entnahme von Luftproben. Beispiele hierfür wären die europäischen vulkanischen Gefahrenzonen auf Island, Sizilien und anderenorts.

Vulkanwolken (Asche/Aerosol)

Informationen zu Gefahren durch Vulkanasche finden sich in ICAO-Dokumenten wie dem ICAO-Dokument 9974 zu Flugsicherheit und Vulkanasche. Dieses Dokument enthält eine Darstellung der durch Vulkanausbrüche hervorgerufenen Gefahren und informiert über den Prozess der Sicherheitsrisikenabschätzung mit Betonung auf Vulkanasche. Weitere Details zu Vulkanwolken und ihren Auswirkungen auf Flugzeugsysteme finden sich im ICAO-Dokument 9691, dem Handbuch zu Vulkanasche, radioaktivem Material und Wolken mit giftigen Chemikalien. Schließlich gibt es noch das ICAO-Dokument 9766 mit dem Titel: „Handbook on the International Airways Volcano Watch“ (IAVW). Dort wird das gesamte System der Vulkanobservatorien und der Volcanic Ash Advisory Centers (VAAC) detailliert dargestellt.

Die Aufgabe der neun Vulkan-Warnzentren (Volcanic Ash Advisory Centers, VAAC), die von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation zur Beobachtung von vulkanischen Aschewolken beauftragt wurden, besteht darin, aus sämtlichen erreichbaren Quellen Informationen über Eruptionen zu gewinnen. Dazu gehören beispielsweise Berichte von Flugzeugen, von Beobachtern am Boden – auch aus sozialen Netzwerken – Satellitenbilder, Infraschall-Beobachtungen sowie Informationen eines Netzwerkes zur Blitzbeobachtung.

Diese Informationen werden ausgewertet und die Verteilung der Asche wird entsprechend modelliert. Schließlich werden auf der Website der Volcanic Ash Advisory Centers diese Meldungen und Prognosen als Text und Graphik veröffentlicht. Vor allem aber gehen diese Meldungen und Prognosen an die meteorologischen Beobachtungsbüros (Meteorological Watch Offices) der Wetterdienste, an die Flugsicherungszentralen der Luftfahrt (Area Control Centers) und auch an Betreiber von Fluggerät, also die Fluggesellschaften. Das VAAC London beispielsweise betreibt die Website Metoffice und ist mit allen anderen Warnzentren verbunden.

Die Situation wird verkompliziert durch die Tatsache, dass Vulkane große Mengen vulkanischen Gases, meist SO2 und Aerosole (Schwefelverbindungen und Schwefelsäure, Flusssäure) emittieren können. Derzeit betrachten die VAACs diese Gas-/Aerosol-Wolken nicht, obwohl der Geruch dieser Aerosole für Passagiere belästigend sein kann und auch Gesundheitsrisiken bestehen. Auf längere Sicht tragen die SO2-/Aerosol-Wolken zu Maschinenschäden bei.

Im Herbst 2019 beschlossen die ICAO und die Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization, WMO), die Aufnahme von SO2-Messungen und Voraussagen in das Arbeitsprogramm, den Aufgabenkatalog der VAAC aufzunehmen. Bisher stellt die Website des Support to Aviation Control Service (SACS) eine vorzügliche Quelle für Informationen über SO2 in der Atmosphäre sowie über Aschewolken dar.

9 Vulkan-Warnzentren überwachen für den internationalen Flugverkehr die Ausbreitung von Vulkanasche nach Eruptionen.
Karte: Wissensplattform Erde und Umwelt, eskp.de

Gefahren durch Vulkanwolken (Asche, Gase & Aerosole)

Es gibt eine Vielzahl an möglichen Gefahren, die durch vulkanische Aschewolken entstehen können. Diese Gefahren sind den Pilotinnen und Piloten in ihrem Arbeitsalltag stets bewusst, da sie zum Teil gravierende Folgen für die Flugsicherheit haben können:

  • Rein mechanische Schäden aufgrund der Abriebeigenschaften von Vulkanasche können zum Beispiel bewirken: undurchsichtig gemachte Cockpit-Fenster, Verstopfung der Pitot-Rohre und damit einhergehend der Verlust der Geschwindigkeitsmessung, Leistungsverlust oder gar Stillstand der Triebwerke durch Abnutzung der Turbinenblätter.
  • Geschmolzene oder teilweise geschmolzene Aschepartikel können an Teilen der heißen Bereiche der Triebwerke anhaften. Dadurch wird der Luftstrom innerhalb des Triebwerks gestört/blockiert, was zu Leistungsverlust bis hin zu Motorstillstand führen kann. Darüber hinaus können Kühlsysteme innerhalb der Triebwerke blockiert werden, was zu örtlicher Überhitzung der Triebwerksschaufeln führt. Das kann den Ausfall von Triebwerken bedeuten und wegen Schubverlust muss das Flugzeug sinken. Gleichzeitig bedeutet der Triebwerksausfall den Ausfall von Systemen, die für den Betrieb von Flugzeugen wichtig sind wie z.B. der elektrischen, hydraulischen oder pneumatischen Systeme. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite von Eurocontrol Skybrary.
  • Eher langfristige Auswirkungen auf Triebwerke haben die aggressiven chemischen Eigenschaften heißer Vulkangase, Aerosole und auch Ascheteilchen. Diese Substanzen dringen in extrem hitzebeständige Schutzschichten aus speziellen Keramiken ein, welche die Turbinenblätter bedecken. Zunächst sind nur winzige Bereiche betroffen. Doch wenn die schützende Schicht des thermal barrier coating“ erst durchbrochen ist, kann es zu Korrosion und Schäden an den Turbinenblättern kommen. Bei der Wartung sind frühe Anzeichen für diese Schädigungen meist feststellbar, allerdings ist es aufgrund derartiger Entwicklungen schon zum Bruch von Turbinenschaufeln und Triebwerksausfällen gekommen.
  • Es kann auch zur Kontamination der Luft innerhalb des Flugzeugs mit Vulkanasche bzw. Aerosolen oder Gas kommen. Dies kann so weit gehen, dass die Besatzung Sauerstoffmasken benutzt. Die Kontamination kann zu Geruchsbelästigung in der Kabine und sogar zu gesundheitlichen Schäden führen.
  • Vulkanisches Material und Aerosole können sich an der Elektronik ablagern, die Kühlung beeinträchtigen und unter Umständen, aufgrund von Korrosion, auch den Ausfällen elektronischer Komponenten herbeiführen.
  • Kontamination des Belüftungssystems eines Flugzeugs. Dieses ist nicht oder nur sehr schwer zu reinigen.
  • Falls sich Vulkanasche auf einer Rollbahn ablagert, muss mit einem verschlechterten Bremseffekt gerechnet werden, zuzüglich der allgemein schädlichen Auswirkungen, die entstehen, wenn Asche in laufende Triebwerke eingesogen wird.

Operationelle Fragen heutzutage

Die ab 2010 entwickelten Verfahren der ICAO folgen dem Prinzip, dass grundsätzlich die Sicherheit von Flugoperationen in der Verantwortung der Betreiber liegt. Die Piloten tragen somit selbst die entsprechende Verantwortung für ihre jeweiligen Flüge. Die Meteorologie- und Flugverkehrsdienste haben die Aufgabe, Informationen und Unterstützung zu bieten. Hier in Europa gilt der sogenannte Volcanic Ash Contingency Plan – European and North Atlantic Regions (EUR/NAT VACP, July 2016).

Entsprechend den ICAO-Regulationen handelt es sich bei den offiziellen Informationen um sogenannte „signifikante Wetternachrichten“ (SIGMETs) sowie Flugverkehrsnachrichten (NOTAMs). Ascheempfehlungen, die sogenannten Volcanic Ash Advisories (VAA; als Grafiken: VAG), sollen von den Vulkan-Warnzentren (VAACs) bereitgestellt werden und als Input für die Erstellung von SIGMETs und NOTAMs dienen. Heutzutage werden sie allerdings zunehmend von den Luftraumnutzern als Planungsmittel eingesetzt.

Die Diagramme zur Konzentration von Asche der Vulkan-Warnzentren in London und Toulouse, die seit 2010 als zusätzliche Informationsstelle fungieren, dienen der Flugplanung. Diese Diagramme, Karten, geben Gebiete mit keiner/niedriger/mittlerer/hoher Aschekonzentration an, mit denen entsprechend einer Abschätzung der Sicherheitsrisiken für Flüge in diesen Gebieten, die Flugplanung durchgeführt werden kann. Weitere Informationen zum Umgang mit den Sicherheitsrisiken finden sich auf der Webseite von Eurocontrol Skybrary.

Die Gesamtverantwortung für die Flugsicherheit liegt beim Betreiber, von dem erwartet wird, dass er eine Abschätzung der Flugsicherheit vornimmt, die den Ansprüchen dieser Aufsichtsbehörde genügt. Diese SRAs (Safety Risk Assessments) dienen als Grundlage für die Flugplanung. Die Betreiber sind dafür verantwortlich, die Crews über die aufgrund der Sicherheitsabschätzung bekannten Bedingungen zu informieren und ihnen spezifische Instruktionen an die Hand zu geben.

Die SRAs einzelner Fluglinien können vorschreiben, zusätzliche Informationen zu berücksichtigen, wie zum Beispiel Satellitenbilder, oder sogar die Berücksichtigung „sämtlicher“ Informationsquellen. Manche Fluglinien haben Verträge mit spezialisierten wissenschaftlichen Instituten. Andere haben eventuell einen Vertrag mit einem kommerziellen Wettervorhersageanbieter, der auch Informationen über Vulkanasche bietet.

Die relevanten Details finden sich in der SRA der jeweiligen Fluglinie. SRAs werden nicht veröffentlicht – sollten aber den Piloten der jeweiligen Fluglinie zur Verfügung stehen. Nur um eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie wichtig es ist, die jeweilige SRA zu kennen: Dieses Dokument kann sogar einen Flug durch ein Gebiet erlauben, das im Zusammenhang mit einer Eruption als Gefahrengebiet ausgewiesen wurde – oder eben nicht.

Die Piloten sind dafür verantwortlich, ihre Flüge sicher durchzuführen. Empfehlungen finden sich auf der Website der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA. Diese Website enthält auch die aktuelle Ausgabe des EASA Safety Information Bulletin, SIB 2010-17/R7 (korr. Fassung) vom 02. Juli 2015-

Vulkanasche und Flugverkehr: Überblick über ausgewählte Schäden am Flugzeug durch Vulkanasche.
Grafik: Wissensplattform Erde und Umwelt, eskp. de / CC BY 4.0

Informationsquellen

Vulkanausbrüche führen dazu, dass eine große Menge an Informationen produziert wird, allerdings sind diese unter Umständen nicht konsistent. Betreibern und Piloten wird geraten, vorliegende Informationen sorgfältig zu bewerten und Flüge mit größter Vorsicht durchzuführen.

Maßgebliche und detaillierte Informationen finden sich unter den folgenden Links (dies sind nur einige Beispiele; es gibt viele weitere gute Einrichtungen dieser Art überall auf der Welt):

Vulkanasche aus Sicht der Piloten

Die International Federation of Air Line Pilots' Associations (IFALPA) ist ein weltweiter Zusammenschluss nationaler Berufsverbände der Flugzeugführer. Die IFALPA beschäftigt sich mit Problemen der Luftfahrt, die durch Vulkanasche, Aerosole und Gasemissionen verursacht werden. Entsprechend dem Prinzip, dass Flugoperationen im Falle von Vulkanasche nur durchgeführt werden sollten, wenn die Sicherheit gewährleistet ist, finden sich untenstehende Anforderungen. Diese sind so zu verstehen, dass auch die derzeitigen, recht weit entwickelten Systeme noch einige Verbesserungen erfahren können:

1. Notfallpläne beziehen sich auf realistische Worst-Case-Szenarien wie zum Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im Jahre 2010, sodass auf dieser Basis auch im Falle eines Vulkanausbruchs Flüge noch sicher geplant werden können. Diese Pläne sollten umfassend und global einheitlich sowie harmonisiert sein, sodass Staaten, Flugsicherung (Air navigation service provider, ANSPs), Fluglinien, Piloten und alle anderen, die mit Luftfahrt befasst sind, die Pläne auch anwenden können. Kurzfristige Änderungen im Falle konkreter Eruptionen sollten nicht vorgenommen werden.

Derzeit liegen Pläne bereit, die auf Vorhersagen über Vulkanaschewolken und auch deren Aschekonzentration beruhen. Der grundsätzliche Rat an Piloten besteht darin, dass sie sichtbare Asche vermeiden sollten. Hier besteht eine Diskontinuität, weil Piloten eben kein Messgerät für Asche haben – d. h. sie lediglich ihre Augen vertrauen müssen. Aber gerade der persönliche Eindruck kann täuschen, wie Studien gezeigt haben (Weinzierl & Diehl, 2014) haben. Fazit: Gerade in diesem Bereich gibt es dringenden Verbesserungsbedarf!

2. Vulkanische Kontamination – grundsätzliche Überlegungen: Derzeit gibt es keine weltweiten Standards bezüglich der zulässigen Anteile bzw. Mengen vulkanischer Aerosole und Asche, im Hinblick auf die Sicherheit von Flugzeugen, und Flugzeugsystemen wie Turbinen, Cockpitscheiben, Elektronik und Luftzufuhr. Es ist bekannt, dass die Hersteller von Flugzeugen und Flugzeugsystemen an diesem Thema arbeiten – allerdings firmenintern.

Viele Pilotinnen- und Pilotenvertretungen sind der Ansicht, dass es an der Zeit wäre, die Entwicklung von Standards anzudenken, die für Zertifizierungsinstitutionen wie Federal Aviation Administration (FAA), die Bundesluftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten oder ihr europäisches Pendant EASA akzeptabel sind. Dies sollte auch die Aerosol-/Gas-Komponenten von Vulkanwolken umfassen, die hauptsächlich aus SO2 sowie dessen Reaktionsprodukten wie z. B. Schwefelsäure bestehen.

Flugzeuge sollten mit Sensoren bzw. entsprechenden Einrichtungen ausgestattet sein, welche die Präsenz und Menge vulkanischer Asche sowie SO2-Wolken sowohl in der umgebenden Luft als auch rechtzeitig in Flugrichtung anzeigen, um die Piloten in die Lage zu versetzen, entsprechende (Ausweich-)Maßnahmen einzuleiten. Solche Einrichtungen müssten ähnlich dem Wetterradar arbeiten, mit dessen Hilfe Wasserdampfwolken angezeigt werden. Es gab dazu bereits Prototyp-Entwicklungen wie das AVOID-System, doch es wurde nicht zur Einsatzreife gebracht.

Die visuelle Identifizierung durch den Piloten sollte nicht das einzige oder hauptsächliche Mittel sein, um die Bedeutung vulkanischer Wolken für die Flugsicherheit bzw. das Flugverkehrsmanagement (englisch Air Traffic Management, ATM) sein – schließlich wird ein Flugzeug mit Hilfe von Instrumenten geflogen, welche die Flughöhe, die Fluggeschwindigkeit, die Außentemperatur und anderes angeben. Dasselbe sollte auch für vulkanische Wolken (Asche, Gas, Aerosole) gelten. Dies wird besonders dann relevant, wenn wie von Herstellern wie Rolls-Royce und anderen verbreitet, ein System verwendet würde, das auf einer Asche-„Dosis“ beruht,  d.h. auf einer bestimmten Maximalmenge an Asche innerhalb eines bestimmten Zeitraums (Clarkson, 2017): Hier sollte ein Sensor den Piloten die zum gegebenen Zeitpunkt aufgenommene Dosis/Dosisrate anzeigen. Es ist schwer nachzuvollziehen: Zur Zeit ist das Thema „Vulkanasche“ nicht Bestandteil des Themenkataloges der Europäischen Behörde für Flugsicherheit, der EASA.

Es ist ein Anliegen der Piloten, eine Ausbildung zur Erkennung vulkanischer Wolken, zur Flugplanung im Falle vulkanischer Wolken sowie zum Betrieb eines Flugzeugs innerhalb vulkanischer Wolken zu erhalten. Dazu sollte eine gründliche Instruktion bezüglich der Sicherheitsrisikobewertung der jeweiligen Fluglinie gehören, die den Piloten leicht zugänglich sein müsste.

3. Information über vulkanische Kontaminationen für den Flugbetrieb: Aktuelle, farblich markierte Informationen über vulkanische Ereignisse, Satellitenbilder, Abfragen bezüglich sowie Analysen von Asche- und SO2-Wolken, welche die Anwesenheit wahrnehmbarer Asche und SO2 anzeigen, müssen Bestandteil der Flugvorbereitung sein und müssen im Verlaufe des Fluges kontinuierlich aktualisiert werden. Im Zuge der Weiterentwicklung der Modellierung von Asche- und SO2-Wolken sollten 3D-Vorhersagen für Gefahren und ihre zeitliche Entwicklung publiziert werden. Dieses ist bei ICAO/WMO in Planung – eine Realisierung dürfte jedoch noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Diese 3D-Informationen, publiziert im Stundentakt, sollen dereinst die Planung von sicheren und ökonomischen 4D-Flugbahnen ermöglichen.

Aber die Frage ist vielleicht: Gibt es möglicherweise etwas Vergleichbares schon? Die Antwort ist ja. Im Rahmen des Projektes EUNADICS-AV wurde bereits ein Verfahren entwickelt und bei einer Übung unter Einbeziehung aller am Luftverkehr Beteiligten umgesetzt. Eine Nutzung der Ergebnisse des im September 2019 beendeten Projektes durch die Wetterdienste Europas bzw. Ash-Advisory Centers Toulouse und London fand jedoch nicht statt.

Demonstrationsübung im Rahmen des Projekts EUNADICS-AV

4. Weitere Überlegungen: Über das bisher Gesagte hinaus lässt sich eine verstärkte Resilienz gegenüber vulkanischen Eruptionen mit Hilfe folgender Überlegungen erreichen:

  • Informationen über hypothetische Eruptionen könnten zu Planungszwecken veröffentlicht werden.
  • Eruptionswarnungen sollte über zwei unabhängige Systeme generiert und zum Piloten, zum Flugzeug und zu anderen maßgeblichen Stellen des Luftverkehrs übermittelt werden.
  • Informationen über Asche sowie Vorhersagen über Aschewolken sollten in modernen elektronischen Formaten veröffentlicht werden wie z. B. KML (Key Markup Language), einer international gebräuchlichen Auszeichnungssprache für Geodaten oder IWXXM, ein Format für die Meldung von Wetterdaten.
  • Eine von sämtlichen Vulkan-Warnzentren (VAACs) unterstützte Website sollte alle Informationen, die für Asche- und SO2-Wolken relevant sind, anzeigen, einschließlich aktueller Warnungen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag, der zuerst in der Quartals-Zeitschrift der IFALPA, Ausgabe 1/2018 erschien.

Referenzen

  • Clarkson, R. (2017). Volcanic Ash and Aviation – Rolls-Royce Position, May 2017 [www.wmo.int]. Rolls-Royce plc.
  • European Aviation Safety Agency – EASA. (2015). Safety Information Bulletin. Flight in Airspace with Contamination of Volcanic Ash (SIB No.: 2010-17R7) [tinyurl.com].
  • International Civil Aviation Organization – IACO. (2004). Handbook On The International Airways Volcano Watch (IAVW). Operational Procedures And Contact List (Second Edition) [www.icao.int/publications]. Montréal, Kanada.
  • International Civil Aviation Organization – IACO. (2012). Flight Safety and Volcanic Ash. Risk management of flight operations with known or forecast volcanic ash contamination (First Edition, Doc 9974-AN/487) [www.skybrary.aero/bookshelf]. Montréal, Kanada.
  • International Civil Aviation Organization – IACO. (2015). Manual on Volcanic Ash, Radioactive Material and Toxic Chemical Clouds (Third Edition, Doc 9691-AN/954). Montréal, Kanada.
  • International Civil Aviation Organization – IACO/European and North Atlantic Office. (2016). Volcanic Ash Contingency Plan. European And North Atlantic Regions (Edition 2.0, EUR Doc 019, NAT Doc 006, Part II) [www.icao.int]. Neuilly-sur-Seine, Frankreich.

Weiterführende Informationen

DOI
doi.org/10.2312/eskp.2020.2.3.3

Zitiervorschlag: Sievers, K. (2020). Die Bedeutung von Informationen zu Vulkanausbrüchen für den Flugverkehr. In O. Jorzik, J. Kandarr, P. Klinghammer & D. Spreen (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Vulkanismus und Gesellschaft. Zwischen Risiko, Vorsorge und Faszination (S. 54-61). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2020.2.3.3