Handlungsoptionen: Umweltauswirkungen minimieren

Sedimentationsprozesse und Trübungswolken in der Tiefsee

Beim Abbau von Manganknollen in der Tiefsee wird Sediment vom Meeresboden aufgewirbelt. Es bilden sich sogenannte Trübungswolken, die in bis zu 30 Kilometern Entfernung noch deutliche Spuren am Meeresboden hinterlassen. Um die Prozesse und Folgen aber wirklich zu verstehen, ist noch eine intensive Forschungsarbeit nötig.

Text: Dr. Annemiek Vink
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

  • Trübungswolken erhöhen die natürliche Sedimentationsrate drastisch.
  • Tiere, Schwämme und Korallen können dadurch beeinflusst werden.
  • Bisherige Modellergebnisse zeigen, dass es noch in 20-30 km Entfernung zu erhöhten Sedimentraten kommt.

Manganknollen liegen auf weichem Tiefsee-Sediment, das beim „Abernten“ der Knollen je nach Aufnahmetechnik des Kollektors teilweise entfernt und aufgewirbelt wird. Es entstehen Trübungswolken, die eine der wesentlichen Beeinträchtigungen für die Lebensgemeinschaften am, auf und in der Nähe des Meeresbodens darstellen. Solche Trübungswolken erhöhen die natürliche Sedimentationsrate, die nur wenige Millimeter pro tausend Jahre beträgt, drastisch. Die in direkter Nachbarschaft zum Abbaugebiet auf dem Meeresboden oder auf Knollen siedelnden Tiere werden durch herabsinkende Sedimente bedeckt, aber auch die Lebensfunktionen von Wasser-filtrierenden Lebewesen wie Schwämmen, Korallen, manchen Fischarten oder Larven können durch die erhöhte, eventuell mit freigesetzten Schwermetallen belastete Partikelfracht im Wasser beeinflusst werden.

Konstrukteure von Abbaugeräten rechnen damit, dass mit jeder Tonne Manganknollen, je nach Kollektortechnik 2 bis 5 Tonnen, Sediment aufgewirbelt und umgelagert werden. So würden für ein industrielles Abbauprojekt voraussichtlich zwischen 500 und 1000 Tonnen Sediment pro Stunde am Meeresboden freigesetzt. Ein Großteil der Grobfraktion wird direkt hinter dem Kollektor wieder abgelagert, allerdings hat die neu gebildete Sedimentoberfläche eine andere Struktur und Zusammensetzung als vor dem Abbau und entspricht somit nicht mehr dem natürlichen Lebensraum.

Insgesamt ist es notwendig zu verstehen, wie schnell sich das aufgewirbelte Sediment wieder ablagert und wie es sich räumlich mit den Strömungen verteilt. Wichtige Fragen dabei sind: Wie verhalten sich die Tiefseesedimente, wenn sie aufgewirbelt werden? Wie schnell werden Aggregate gebildet und sinken ab? Welche Sedimentmengen setzen sich pro Tag oder Jahr in welcher Entfernung zum Abbaugebiet ab? Wie ändert sich die Verfügbarkeit von Nährstoffen für die Tiere? Um diese Fragen zu beantworten, müssen ozeanographische Bedingungen wie Strömungsgeschwindigkeit und -richtung am Meeresboden über Jahre hinweg untersucht werden (Aleynik et al., 2017). Weiterhin liefern realitätsnahe Labor- und Feldversuche wichtige Einblicke über Sedimenteigenschaften wie Aggregatbildung und Sinkgeschwindigkeiten (Gillard et al., 2019). Schließlich sind derartige Informationen wichtig um die Ausbreitung von Sedimentwolken zu modellieren. Diese Arbeiten wurden und werden im Rahmen des europäischen Forschungsverbundes JPIO – MiningImpact durchgeführt (JPI Oceans, 2018a, 2018b).

Bisherige Modellergebnisse aus dem Projekt zeigen, dass es im Fall eines industriellen Abbaus auch 20 bis 30 km entfernt noch zu deutlich erhöhten Sedimentationsraten kommt. Die Ergebnisse müssen jedoch durch Abbauversuche im industrienahen Maßstab verifiziert werden. Eine erste Möglichkeit dazu bietet ein Kollektortest der belgischen Firma DEME-GSR, der für April 2019 geplant ist. Im Rahmen des MiningImpact-Projektes soll ein gezieltes Monitoring der dabei entstehenden Sedimentwolke durchgeführt werden.

Detaillierte Kenntnisse zur Ausbreitung der Sedimentwolken sind eine wichtige Voraussetzung hinsichtlich der Ausweisung von Schutzzonen und der Festlegung von Schwellwerten. Unklar ist beispielsweise, bis zu welcher erhöhten Sedimentationsrate und welcher Mächtigkeit der Sedimentbedeckung die Lebensgemeinschaften nicht beeinträchtigt werden.

Beitrag erstellt am 6. Dezember 2018

Referenzen

  • Aleynik, D., Inall, M. E., Dale, A. & Vink, A. (2017). Impact of remotely generated eddies on plume dispersion at abyssal mining sites in the Pacific. Scientific Reports, 7:16959. doi:10.1038/s41598-017-16912-2
  • Gillard, B., Purkiani, K., Chatzievangelou, D., Vink, A., Iversen, M. H. & Thomsen, L. (2019). Physical and hydrodynamic properties of deep sea mining-generated, abyssal sediment plumes in the Clarion Clipperton Fracture Zone (eastern-central Pacific). Elementa, Science of the Anthropocene, 7(1), 5. doi:10.1525/elementa.343
  • Joint Programming Initiative Healthy and Productive Seas and Oceans – JPI Oceans. (2018a). MiningImpact [Projektwebseite, miningimpact.geomar.de]. Aufgerufen am 09.11.2018.
  • Joint Programming Initiative Healthy and Productive Seas and Oceans – JPI Oceans. (2018b). MiningImpact 2 [Projektwebseite, miningimpact.geomar.de]. Aufgerufen am 09.11.2018.

DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.2018.2.4.2

Zitiervorschlag: Vink, A. (2018). Sedimentationsprozesse und Trübungswolken in der Tiefsee. In O. Jorzik, J. Kandarr & P. Klinghammer (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Rohstoffe in der Tiefsee. Metalle aus dem Meer für unsere High-Tech-Gesellschaft (S. 65-66). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2018.2.4.2