Der afrikanische Kontinent hat in den letzten Jahrzehnten einen rasanten Bevölkerungszuwachs verzeichnet, der sich besonders an der starken Ausdehnung städtischer Räume zeigt. Laut UN liegen 40 der am schnellsten wachsenden Städte in Asien, sechs in Afrika. In der Metropolregion Lagos leben mittlerweile knapp 18 Millionen Menschen. Das sind 15 Mal mehr Einwohner als vor 50 Jahren. Täglich kommen 2.000 neue Einwohner hinzu. Insgesamt gibt es derzeit rund 57 Millionenstädte in Afrika. Auch in den sich stark ökonomisch entwickelnden Staaten Südostasiens wachsen die Städte weiter, wenn auch weniger rasant als in Afrika. Beiden Regionen ist gemein, dass sie überwiegend in tropischen Klimaregionen liegen. Bedingt durch den hohen Feuchtegehalt der Luft können hier in kurzer Zeit extreme Niederschlagsmengen fallen – an einem einzigen Tag fast so viel Regen wie in Berlin in einem halben Jahr.
In Westafrika gab es in den letzten Jahren einige extreme Regenereignisse, die Großstädte betrafen und Menschenleben kosteten, aber auch großen Sachschaden anrichteten. Nicht lange zurückliegende, verheerende Beispiele sind die Überflutungen 2017 in Freetown (Sierra Leone), 2012 in Dakar (Senegal) und 2009 in Ouagadougou (Burkina Faso). Für Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone, gab der staatliche Wetterdienst im August 2017 keine besondere Warnung heraus. Doch Hangrutschungen und Schlammlawinen, ausgelöst durch die extremen Regenfälle, kosteten mehr als 450 Menschen das Leben.
Aber auch die 8-Millionen-Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam erlebte im September 2016 das stärkste Regenereignis seit mindestens den 1960er Jahren. Zum Teil waren die genannten Regenfälle im meteorologischen Sinne Jahrhundertereignisse. Ihre Folgen wurden jedoch durch fehlende oder unzureichende Stadtplanung und Stadtentwässerungs-Infrastrukturen sowie Bodenversiegelung noch einmal deutlich verschärft. Zur Erhöhung der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) gegen diese Art eines hydrometeorologischen Extremereignisses muss einerseits eine unkontrollierte Urbanisierung vermieden werden. Ein schwieriges Unterfangen angesichts der hohen Wachstumsraten. Andererseits müssen von meteorologischer Seite vertrauenswürdige Wettervorhersagen und Klimaprojektionen bereitgestellt werden. In Sierra Leone hätten die Menschen wesentlich besser gewarnt werden müssen.
Das Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) am Karlsruher Institut für Technologie erforscht deshalb mit Partnern vor Ort zum einen die meteorologischen Prozessketten, die zu diesen Extremereignissen führen. Zum anderen prüfen die Forscher die Vorhersagbarkeit dieser Extremereignisse unter Zuhilfenahme von numerischen und statistischen Wettervorhersagemodellen. Ergeben sich hierbei Unterschiede? Was ist erfolgsversprechender: ein Blick in die Vergangenheit oder die Anwendung von physikalischen Wettermodellen?
Mit Blick auf die Vorhersagbarkeit für wenige Tage zeigen sich dabei zum Teil ernüchternde Resultate: In einer jüngst veröffentlichten Studie für Westafrika konnte festgestellt werden, dass weder einzelne noch die Gesamtheit von neun globalen Wettervorhersagemodellen mehr Vorhersagequalität besitzt als eine aus vergangenen Beobachtungen abgeleitete Vorhersage. Für das Ereignis in Ho-Chi-Minh-Stadt ist es bisher selbst mit hochaufgelösten Modellen nicht gelungen, den extremen Regen für den nächsten Tag vorherzusagen. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass das Extremereignis im August 2015, welches die Küste Nordostvietnams heimsuchte, wiederum schon drei Tage vorher recht gut vorhersagbar war.
In welchen Wettersituationen sind jedoch ausreichende Vorwarnzeiten von etwa drei Tagen gegeben? Gibt es eventuell alternative Methoden zur Vorhersage mit physikalischen Modellen? Das sind wichtige Ziele der Forschungen am IMK, welche teilweise in den von der Deutschen Forschungsgesellschaft geförderten Transregio Waves2Weather eingebettet sind.