Tiefseeregionen für die Rohstoffsuche

Wirtschaftlich interessante Gebiete, wo suchen?

Manganknollen im östlichen Pazifik, kobaltreiche Eisen-Mangan-Krusten an Vulkanhängen, Massivsulfide an Spreizungszonen – in der Tiefsee gibt es unterschiedliche Gebiete, die sich für den Rohstoffabbau eignen. Manche gehören zu den ältesten Ozeangebieten der Welt. Andere hingegen sind geologisch sehr jung.

Text: Dr. Sven Petersen
GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

  • Es gibt Unsicherheit, wie groß die Mengen an Manganknollen in der Tiefsee in denjenigen Regionen sind, in denen bislang noch wenig geforscht wurde.
  • Bei Massivsulfiden wird häufig in der Nähe von aktiven Schwarzen Rauchern gesucht, dabei sind inaktive Vorkommen ergiebiger.
  • Gerade bei Massivsulfiden sind Oberflächenproben nicht repräsentativ für das, was unterhalb des Meeresbodens liegt. Das heißt, man muss mit sehr viel Aufwand in der Tiefsee bohren.

Betrachtet man das wirtschaftliche Potential von Rohstoffen in der Tiefsee, zeigt sich, dass momentan vor allem drei Rohstoffe in der Tiefsee relevant sind. Diese sind in ihren Charakteristika sehr verschieden. Manganknollen beispielsweise wachsen über sehr lange Zeiträume auf Tiefseeebenen, die mit Sediment bedeckt sind. Man findet wirtschaftlich interessante Knollen daher nur auf älterer ozeanischer Kruste. Dort hatten sie Zeit zu wachsen und wir finden sie in Wassertiefen jenseits von 3000 Metern. Da diese geologischen Bedingungen weltweit in vielen Ozeanen vorhanden sind, gibt es riesige Gebiete die für die Bildung von Manganknollen in Frage kommen.

Bislang wird jedoch oft in einigen wenigen Gebieten geforscht, in denen seit längerem Manganknollen bekannt sind. Dazu zählt seit den 1970er-Jahren hauptsächlich ein Areal im östlichen Pazifik, die sogenannte Clarion-Clipperton Zone. Dabei handelt es sich um ein Gebiet zwischen Hawaii und Mexiko etwa von der Größe Europas. Dieses Gebiet wird von zwei, etwa 7.000 Kilometer langen Bruchzonen in der ozeanischen Kruste begrenzt. Wie groß allerdings die Mengen an Manganknollen in der Tiefsee in anderen Regionen sind, darüber herrscht große Unsicherheit, da dort bislang wenig geforscht worden ist. Bei der Clarion-Clipperton Zone (CCZ) ist das anders. Hier weiß man, dass die Menge an Manganknollen sehr groß ist. Auch im Peru-Becken, im Penrhyn Becken und im Indi­schen Ozean sind wirtschaftliche interessante Knollengebiete bekannt. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass es auch in anderen Teilen der Ozeane weiteres Potential gibt.

Lage wirtschaftlich interessanter Manganknollenvorkommen

Zweitens gibt es kobaltreiche Eisen-Mangan-Krusten. Sie bilden sich überwiegend an den sedimentfreien Vulkanhängen. Dort lagern sich im Laufe von vielen Millionen Jahren Metallverbindungen wie Eisenoxihydroxid und Manganoxid ab, die wiederum weitere Metallionen anziehen – beispielsweise Kobalt, Nickel, Tellur, Molybdän oder die sogenannten Seltenen Erden. Beide, Manganknollen und Kobaltkrusten, wachsen sehr langsam, Kobaltkrusten mit etwa 1–5 Millimeter pro 1 Million Jahre, Manganknollen geringfügig schneller. Wirtschaftlich interessante Krustendicken von mehreren Zentimetern werden daher überwiegend im westlichen Pazifik erwartet und gesucht, da dieses Gebiet zu den ältesten Ozeanregionen der Welt zählt. Viele dieser Kobaltkrusten befinden in den Hoheitsgewässern von Staaten.

Drittens hinaus gibt es noch die sogenannten Massivsulfide. Sie bilden sich in einem ganz anderen geologischen Milieu: an vulkanisch aktiven Spreizungszentren, wo neuer Meeresboden gebildet wird, sowie an submarinen Inselbogenvulkanen. Die derzeit für einen möglichen Abbau untersuchten Vorkommen befinden sich an den Mittelozeanischen Rücken des Atlantiks und des Indiks. 

Übersicht über die Lage von Erkundungslizenzen auf Massivsulfide außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen

Wie kommen die Metalle in Manganknollen und Kobaltkrusten?

Die Frage ist, wie Elemente wie Mangan, Eisen aber auch Kupfer, Kobalt und Nickel sowie weitere Spurenelemente wie Vanadium oder Molybdän oder Seltene Erden überhaupt in die Manganknollen und Kobaltkrusten gelangen. Bei den Manganknollen sind dafür zwei Prozesse verantwortlich: diagenetische und hydrogenetische. Manganknollen benötigen einen Nukleus, eine Art kleiner Kern, um den sich dann mit der Zeit langsam konzentrisch die anderen Metalle anreichern. Diese kommen bei den Manganknollen überwiegend aus dem Porenwasser der Sedimente (diagenetisch). Hierbei werden durch das Auflösen von Schalen mariner Organismen Metalle freigesetzt, die im Porenwasser nach oben wandern und am Kontakt mit dem Meerwasser um diesen Nukleus wieder abgesetzt werden. Die Aufnahme von im Meerwasser gelösten Metallen (hydrogenetisch) in Knollen ist ebenfalls von Bedeutung. Die (Kobalt-)Krusten, die sich in sedimentfreien Bereichen bilden, nehmen die Metalle dagegen überwiegend aus dem umgebenden Meerwasser auf. Dieser Prozess braucht im Allgemeinen mehr Zeit. Daher brauchen kobaltreiche Eisen-Mangankrusten noch längere Zeiträume zum Wachsen als Manganknollen.

Für die Ablagerung der Metalle, sowohl bei Manganknollen als auch bei Kobaltkrusten, ist das sauerstoffreiche antarktische Bodenwasser von Bedeutung. Die alten Vulkankegel, an denen die Kobaltkrusten entstehen, liegen unterhalb der Sauerstoffminimumzone der Ozeane. In der Sauerstoffminimumzone wird das Mangan aus den Partikeln in der Wassersäule freigesetzt bzw. aufgelöst, in eine reduzierte Form umgewandelt und sinkt nach unten. Das kalte antarktische Bodenwasser wird an den Flanken der Vulkane nach oben gelenkt, trifft auf die mit gelösten Metallen angereicherten Wasserschichten, oxidiert die Metalle wieder auf und setzt sie an den Flanken der Vulkane, als langsam wachsende Kruste Schicht für Schicht ab. Bei den Manganknollen dient das antarktische Bodenwasser dazu, den Sauerstoff für die im Porenwasser oder bodennahen Meerwasser gelösten Metalle bereitzustellen, um sie in die Knollen einzubauen.

Massivsulfide - Rohstoffe aus der Tiefsee
Broschüre des GEOMAR (PDF 1,9 MB) Link

Massivsulfide: Wird am falschen Ort gesucht?

Damit Massivsulfide entstehen, wird die Bildung einer sogenannten Konvektionszelle benötigt, die Wärme und Metalle aus dem Untergrund an den Meeresboden befördert. Hierbei wird das entlang von Störungen tief in den Meeresboden – in dortige Risse und Spalten – eindringende kalte Meerwasser in der Nähe einer Wärmequelle (Magmenkammer) auf Temperaturen oberhalb von etwa 400 °C erhitzt. Durch chemische Reaktionen des heißen Wassers mit dem Umgebungsgestein werden Metalle aus den Gesteinen herausgelaugt und zum Meeresboden transportiert. Die gelösten Metalle setzen sich am Kontakt des heißen Fluids mit dem kalten Meerwasser als ‚schwarze Raucher’ wieder ab.

Es gibt noch eine weitere Besonderheit bei den Massivsulfiden: In der bisherigen Geschichte der Massivsulfid-Forschung fand die Erkundung immer über Anomalien bzw. Abweichungen in der Wassersäule statt. Das bedeutet: Ein aktiver schwarzer Raucher ist durch seine „Rauchfahne“ in der Wassersäule leicht zu finden. Hierbei kann es sich um höhere Partikelkonzentration handeln, aber auch Temperaturunterschiede oder chemische Anomalien. Diese Anomalien können über große Bereiche und über größere Entfernung bestimmt und zu ihrer Quelle zurückverfolgt werden: den schwarzen Rauchern am Meeresboden. Auf diese Weise funktioniert die Exploration seit 30–40 Jahren.

Dies führt aber dazu, dass bei der Suche meist junge, rezent aktive schwarze Raucher gefunden werden. Es ist jedoch fraglich, ob es sinnvoll ist, diese abzubauen. Zum einen gibt es dort sogenannte chemosynthetische Lebensgemeinschaften, die einzigartig auf der Welt sind. Zum anderen sind die Systeme sehr jung und demnach sehr klein. Inaktive Vorkommen, von denen wir annehmen, dass sie größer sind, findet man so nicht. Über 90 Prozent aller Vorkommen, die wir kennen, sind viel zu klein, um wirtschaftlich interessant zu sein. Hinzu kommen oft Temperaturen von bis zu 360–400° Celsius und pH-Werte von 2–3, die den Abbaugeräten nicht zuträglich sind. Es gibt verschiedenste Gründe, warum man diese aktiven schwarzen Raucher gar nicht angehen möchte.
 

Am Meeresboden, in mehreren tausend Metern Wassertiefe befördern Schwarze Raucher wertvolle Rohstoffe aus dem Erdinneren herauf. Ihre meterhohen Schlote erscheinen wie unterseeische Industrieschornsteine.

Alternativen mit geringeren Umweltbeeinträchtigungen suchen

Aus Untersuchungen am GEOMAR wissen wir unter anderem, dass inaktive Vorkommen generell größer sind als die bekannten aktiven schwarzen Raucher. Außerdem finden sich an den inaktiven Vorkommen keine chemosynthetischen Lebensgemeinschaften. Ein Abbau würde solche Lebensgemeinschaften daher nicht zerstören. Das heißt jedoch nicht, dass sie nicht besiedelt sind. Mikrolebewesen, die sich auf den Abbau der Massivsufide selbst spezialisiert haben, werden auch dort vorhanden sein. Die Umweltbeeinträchtigungen durch einen Abbau wären aber vermutlich deutlich geringer oder zumindest anders als bei den aktiven Vorkommen. Die Suche nach diesen inaktiven Vorkommen sowie die Entwicklung von Technologien, um diese zu finden, sind die Ziele, die durch die wissenschaftliche Arbeit im Moment sehr stark verfolgt wird. Hier gibt es jedoch noch großen Forschungsbedarf.

Im Rahmen des EU-Projektes „Blue Mining“ wurden Technologien für die Suche nach wirtschaftlichen interessanten inaktiven Vorkommen entwickelt. Hierzu muss man wissen: Die meisten der bekannten Vorkommen, die wir derzeit vom Meeresboden kennen, auch viele der großen Massivsulfid-Vorkommen – bis zu mehrere Millionen Tonnen –, bestehen überwiegend aus Schwefelkies (Pyrit), einem Eisensulfid, das wirtschaftlich völlig uninteressant ist. Wenn man die Technologien zur Entdeckung der Vorkommen entwickelt hat, muss man demnach diejenigen erkennen, die durch hohe Kupfer-, Zink- und Goldgehalte gekennzeichnet sind. Dazu ist es nötig, die lokale Geologie zu verstehen.

Oberflächenproben sind wenig repräsentativ

Wir kennen im Moment nur sehr wenige, wirtschaftlich interessante große Sulfid-Vorkommen am Meeresboden. Diese befinden sich nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens vor allem im Südwestpazifik und in Wassertiefen unterhalb von 1.500 Metern. Sie liegen meist in den Hoheitsgebieten von dortigen Anrainerstaaten. Andere bekannte Vorkommen, wie etwa am ostpazifischen Rücken oder im Atlantik, bestehen vorrangig aus den wie gesagt wirtschaftlich uninteressanten eisenhaltigen Schwefelverbindungen. Es gibt jedoch auch großes Interesse an inaktiven Vorkommen im Atlantik und Indik. Hier versuchen wir am GEOMAR mit der Forschung anzusetzen, um das bisherige Wissen zu erweitern. Dafür nutzen wir Sensoren, die wir für autonome  Fahrzeuge entwickeln, um den Meeresboden großflächig kartieren zu können. Ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge, (ROVs) und Tauchroboter nehmen dann vor Ort Proben.

Da Massivsulfide dreidimensionale Körper sind, reichen diese Oberflächenproben für eine Abschätzung des Potentials aber nicht aus, da nicht vorhergesagt werden kann, ob diese Proben repräsentativ für das gesamte Vorkommen sind. Übertrieben könnte man behaupten: Manganknollen sind über größere Distanzen chemisch sehr ähnlich und es reicht, wenn man eine Knolle vom Meeresboden aufhebt und ihre chemische Zusammensetzung bestimmt. Dann wäre – vorausgesetzt, die Annahme stimmt – die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass eine Knolle in einem Kilometer Entfernung dieselbe chemische Zusammensetzung hat.

Bei Krusten ist es vielleicht ähnlich, das wissen wir noch nicht so genau. Jedoch gilt bei Massivsulfiden: Oberflächenproben sind nicht repräsentativ für das, was unterhalb des Meeresbodens liegt. Man muss immer bohren, um etwas über das vorhandene Rohstoffpotential aussagen zu können. Das bedeutet in der praktischen Forschung, viel mit Bohrgeräten oder Bohrschiffen zu arbeiten, um Informationen über die dritte Dimension zu bekommen.

Durch mehrere solcher Bohrfahrten und die jeweiligen Untersuchungen wissen wir, dass es sehr große Unterschiede zwischen dem Inneren der Massivsulfid-Vorkommen und der Oberfläche gibt. Weltweit gesehen werden solche schwarzen Raucher jedoch meist nur an der Oberfläche beprobt. Häufig wird dann in der Öffentlichkeit und den Medien von Vorkommen gesprochen, die sehr reich an Kupfer und Gold sind. In Wirklichkeit jedoch sind solche Aussagen mit großer Vorsicht zu behandeln, da im Inneren der Vorkommen meist deutlich niedrigere Konzentrationen dieser wertvollen Metalle auftreten.

Über 90 Prozent der Analysen, über die wir verfügen, treffen ihre Aussagen auf Basis von Proben, die nur von der Oberfläche des Meeresbodens stammen. Das Rohstoffpotential, das sie vermitteln, ist deutlich überhöht. Hier kommt es darauf an, Fakten zu liefern, die der Politik und anderen Stakeholdern erlauben, sinnvolle Entscheidungen zu einem möglichen marinen Bergbau und dem daraus resultierenden Einfluss auf die globale Rohstoffversorgung zu treffen. Denn man muss, um einmal aus der Perspektive von Deutschland zu sprechen, keine Erkundungslizenz für Massivsulfide besitzen, wenn der Hauptgrund der Erkundung die Sicherstellung und Versorgung mit Nickel und Kobalt ist.

Schwarze Raucher: Durch Risse im Meeresboden sickert Wasser in den Untergrund und erwärmt sich. Das rund 400 °C heiße Wasser löst dabei Metalle aus dem Gestein. Aufgrund seiner geringen Dichte steigt es auf und gelangt über die Raucher zurück ins Meer. Durch die Reaktion mit dem kalten Meerwasser bilden sich Mineralienpartikel, die sich in den Kaminen der Raucher oder auf dem Meeresboden ablagern.
Grafik: Wissensplattform Erde und Umwelt, eskp.de

Weiterführende Informationen

  • Blue Mining. (2018). Public Report – Blue Mining. Breakthrough Solutions for Mineral Extraction and Processing in Extreme Environments, 2014-2018 [www.bluemining.eu].
  • Marine mineralische Rohstoffe. (2010). In J. Lehmköster (Hrsg.), World Ocean Review 1 – WOR1. Mit den Meeren leben (S. 146-151) [worldoceanreview.com]. Hamburg: maribus gGmbH.

DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.2018.2.2.1

Zitiervorschlag: Petersen, S. (2018). Wirtschaftlich interessante Gebiete, wo suchen? In O. Jorzik, J. Kandarr & P. Klinghammer (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Rohstoffe in der Tiefsee. Metalle aus dem Meer für unsere High-Tech-Gesellschaft (S. 26-30). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2018.2.2.1