Editorial
Plastik in Gewässern
Plastikmüll in den Weltmeeren stellt nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Umweltbundesamtes in der Wahrnehmung der deutschen Bevölkerung das Umweltrisiko Nummer 1 dar. Schon heute ist Plastik überall in den Meeren zu finden. Die Menge wird auf 150-200 Milliarden Kilogramm geschätzt. Global macht Plastik aktuell 73 Prozent des Mülls im aquatischen Raum aus. Was passiert mit diesen Riesenmengen? Der Großteil sinkt wahrscheinlich über kurz oder lang auf den Meeresboden und ist an der Meeresoberfläche nicht mehr sichtbar. Im Laufe der Zeit zerfällt es in immer kleinere Teile und wird immer schwerer aufspürbar.
Internationale Wissenschaftler haben mit dem Planetary Boundary Concept zentrale strategische Felder aufgezeigt, um die ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten zu beschreiben. Theoretisch hätten auch Plastikmüll und dessen Fragmente das Potential, essentielle Prozesse des Erdsystems zu stören. Die Auswirkungen würden erst dann vollständig begreifbar sein, wenn das Problem ein globales Ausmaß erreicht hat. Dann aber wird Plastik kaum noch aus der Umwelt zu entfernen sein.
Ergreifen wir jetzt keine Maßnahmen, haben wir im Jahr 2050 mehr Plastik als Fisch in unseren Ozeanen. (UNEP)
In unserem Themenspezial wollen wir einige wichtige Aspekte zum aktuellen Stand des Wissens über Plastik im Meer aus Sicht der Wissenschaft beleuchten. Wir möchten Lösungsoptionen aufzeigen und offene Fragen benennen. Innerhalb des Forschungsbereichs Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft beschäftigen sich viele engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem Thema. Bei der Erstellung des Themenspezials haben uns zahlreiche Fachexpertinnen und -experten des Alfred-Wegener-Instituts - Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), des GEOMAR - Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung, des Helmholtz Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrums (GFZ), des Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG) und des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) sowie der Universität Göteborg unterstützt.
Wir wünschen Ihnen viele neue Einblicke in dieses große Gegenwartsthema!
Ihre ESKP-Redaktion
November 2017
Giftigkeit und Verwitterung
Wird Plastik beim Zerfall gefährlicher?
Wie beeinflusst Verwitterung den Transport und Verbleib von Plastik in der Umwelt? Bisher ist nicht klar, ob durch Fragmentierung die Giftigkeit eher zu- oder abnimmt. Die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen der Verwitterung, so die Vermutung der Experten, sind wahrscheinlich für die Gewässer und ihre Organismen am problematischsten. Denn bevor das Plastik im Sediment begraben oder vollständig mineralisiert wird, nehmen die Partikel Größen an, die es ihnen erlauben in die Nahrungskette zu gelangen.
Wie verwittert Plastik im Meer?
Der Zerfall von Plastik in immer kleinere Fragmente hängt stark davon ab, wohin es im Wasser gelangt ist und welche Umweltbedingungen an diesem Ort herrschen.
Giftige Zusatzstoffe in Küstengewässern
Auch wenn Plastik bereits vergleichsweise verwitterungsbeständig ist, sucht die Industrie nach Wegen, die Eigenschaften der Plastikprodukte immer weiter zu verbessern.
Schadstoffmagnet Mikroplastik
Je größer die Oberfläche der Plastikpartikel, desto mehr Schadstoffe können sich prinzipiell daran anlagern.
Forschungsmethoden
Plastik im Wasser zu finden ist schwerer als man denkt
Plastik scheint sich überall im Meer, in Flüssen und Seen zu finden. Dennoch ist es für Wissenschaftler zunächst die größte Herausforderung, aus den immensen Wassermengen solche Proben zu gewinnen, die (Mikro-)Plastik in einer ausreichend großen Menge enthalten, um untersucht werden zu können. Welche Methoden werden dabei eingesetzt? Ein Einblick in den folgenden Kapiteln.
Herausforderung Plastiksuche – die richtige Methode wählen
Auf welche Probleme treffen Wissenschaftler, wenn Sie Plastik aufspüren wollen? Viel Geduld und die richtige Methodenwahl sind nötig.
Einsatz von Hochtechnologie – mit Satelliten Plastik nachspüren
Die Fernerkundung aus dem All eröffnet völlig neue Möglichkeiten im Umweltmonitoring. Auch beim Aufsuchen von Plastik kann sie helfen.
Makro, Mikro, Nano – im Labor Plastik bestimmen
Die wesentliche Auswertungsarbeit bei der Suche nach Mikroplastik findet im Labor statt. Welche High-Tech-Instrumente werden dort eingesetzt?
Handlungsoptionen
Lösungsansätze für das Plastikmüllproblem
Viele Wissenschaftler sind sich einig: Das Problem mit dem Plastik muss an Land gelöst werden. Jede Form der Rückführung aus dem Meer ist nur ein Kurieren an Symptomen und geht oft mit erheblichen ökologischen Begleitschäden einher. Ob eine strengere Durchsetzung internationaler Abkommen oder ein besseres Management der stabilen Nylon-Fischernetze: In den nachfolgenden Kapiteln werden einige wichtige Handlungsoptionen aufgezeigt.
Internationale Abkommen – politische Lösungen in Sicht?
Von der United Nations Convention on the Law of the Sea bis zur EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, es gibt zahlreiche Regelungen für den Kampf gegen die Meeresverschmutzung. Doch wie wirksam sind Sie?
Bei den Ursachen ansetzen: Müllmanagement in Asien
Das wirtschaftliche Wachstum in Asien führt zu einer höheren Produktion und einem höheren Verbrauch von Plastik. Das stellt besondere Anforderungen an das Müllmanagement.
Mikroplastik in Abwässern – eine echte Herausforderung
Kläranlagen in Deutschland haben zunehmend mit Plastikrückständen im Abwasser zu kämpfen, die sich nur noch schwer herausfiltern lassen.
Plastik in Fischernetzen: Fishing for Litter
Fischer als Müllsammler, kann das funktionieren? Mit dem Konzept "Fishing for Litter" soll der Beifang an Plastikmüll wieder an Land gebracht und recycelt werden.
Geisternetze – was tun gegen den Fischerei-Restmüll?
Viele alte Fischereinetze treiben als herrenloses Gut in den Ozeanen. Doch wie kriegt man diese Netze, in denen sich viele Lebewesen verfangen, wieder aus den Meeren?
Biologisch abbaubar – aber auch im Meer?
Sind biologisch abbaubare Plastiktüten eine Handlungsalternative? Im Wasser zersetzen Sie sich schlecht und Polyethylen ist nach wie vor enthalten.
Über welche Regionen wissen wir noch zu wenig?
Die Litterbase des Alfred Wegener-Instituts ist eine interaktive Weltkarte der Erforschung von Müll im Meer. Über welche Regionen Wissenschaftler noch zu wenig wissen, geht daraus deutlich hervor.
Verbleib von Schadstoffen und biologische Wirkungen
Ob Gesamtmenge des Plastikmülls im Meer oder die Auswirkungen auf Organismen: Viele Aspekte des Verschmutzungsproblems müssen noch erforscht werden. Unsere Experten benennen die großen Wissenslücken.