Forschungsmethoden

Golden Eye – auf der Suche nach Massivsulfiden

Massivsulfide gehören zu den elektrisch leitfähigsten natürlichen Gesteinen überhaupt. Das Aufspüren von Massivsulfiden in der Tiefsee gleicht jedoch der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Zu diesem Zweck wurde „GOLDEN EYE“ entwickelt. Dabei handelt es sich um eine bislang weltweit einzigartige Multisensorplattform für elektromagnetische Messungen in der Tiefsee.

Text: Dr. Katrin Schwalenberg
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

  • Für die Erkundung von Massivsulfiden sind inaktive Vorkommen interessant, an denen die hydrothermale Aktivität bereits erloschen ist.
  • Das Aufspüren von derartigen Erzvorkommen in der Tiefsee gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
  • Mit dem GOLDEN EYE wurde eine weltweit einzigartige Multisensorplattform für elektromagnetische Messungen in der Tiefsee entwickelt.

Massivsulfide bilden sich in Folge hydrothermaler Aktivität an mittelozeanischen Spreizungszentren und sogenannten Backarc Rift-Systemen. Ihr bekanntestes Erscheinungsbild sind Schwarze Raucher, mineralische Schornsteine, die einige Zehnmeter hoch vom Meeresboden in die Wassersäule aufragen können. Sie bilden sich durch Ausfällung mineralischer Bestandteile aus heißen Fluiden, die aus der basaltischen ozeanischen Kruste aufsteigen. Um die Raucher herum wimmelt es von Leben. Krabben, Muscheln, Röhrenwürmer, Anemonen, teilweise auch Fische bilden hier angepasste Lebensgemeinschaften.

Diese aktiven Systeme sind als potentielle Lagerstätte uninteressant – zum einen auf Grund ihres artenreichen Ökosystems, zum anderen ist der Mineralgehalt noch zu gering. Für die Erkundung interessant sind inaktive Vorkommen, an denen die hydrothermale Aktivität bereits erloschen ist. Oft befinden sie sich in der näheren Umgebung der aktiven Felder. Manchmal sind sie an gelb bis rötlichen Verfärbungen erkennbar oder überdeckt von Sedimenten und Talus - basaltischen Schutthalden.

Das Aufspüren von derartigen Erzvorkommen in der Tiefsee gleicht der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Um im Bild zu bleiben: Die Nadeln sind inaktive Sulfidfelder etwa von der Größe eines Fußballfelds, der Heuhaufen ist die Tiefsee mit Wasserdrücken bis zu 400 bar, Temperaturen um die 1°C, kompletter Dunkelheit, hoch korrosivem Meerwasser und schroffen Unterwassergebirgen mit Steilwänden, tiefen Gräben, Nadelspitzen und mächtigen Geröllhalden. Das Auffinden der Sulfidfelder erfordert einerseits eine hochempfindliche Messtechnik, die andererseits robust genug ist, um dem immensen Wasserdruck und der rauen Meeresbodentopographie standzuhalten.

Eine hochauflösende bathymetrische Karte vom Meeresboden ist der erste Schritt auf der Suche nach neuen Sulfidfeldern. Es folgen Untersuchungen in der Wassersäule. Mit hydroakustischen, physikalischen und geochemischen Sensorsystemen, die auf tiefgeschleppten Messplattformen installiert sind, wird die Wassersäule nach Anomalien abgesucht, die Hinweise auf hydrothermale Aktivitäten liefern. Zeigen die Daten eine Anomalie, wird im nächsten Schritt die verdächtige Stelle mit einem Videoschlitten oder mit einem Tauchroboter (ROV für remotely operated vehicle) abgesucht, der neben Videomaterial auch Probenmaterial vom Meeresboden mitbringen und direkte Messungen vor Ort durchführen kann.

Das räumliche Ausmaß einer potentiellen Erzlagerstätte wird damit allerdings noch nicht erfasst. Teile können von Sediment und Schutt überdeckt sein, und Kamerabilder und Messungen in der Wassersäule liefern noch keine Aussagen über die Tiefenerstreckung des möglichen Erzvorkommens. Wie aus vergleichbaren Lagerstätten an Land bekannt ist, kann diese einige Zehnermeter betragen.

Aufschluss hierüber liefern Bohrungen, die jedoch mit immens hohen Kosten verbunden sind und den letzten Schritt der Erkundung darstellen sollten. Hier kommen geophysikalische Untersuchungen zum Einsatz, mit deren Hilfe sich das räumliche Ausmaß bestimmen lässt. Aus Messungen an Land und an Gesteinsproben ist bekannt, dass Massivsulfide zu den elektrisch leitfähigsten, natürlichen Gesteinen gehören. Zudem haben sie besondere magnetische Eigenschaften und können elektrische Ladungen speichern ähnlich wie ein Kondensator. Im Vergleich mit Labormessungen und geochemischen Untersuchungen an Probematerial lassen sich sogar Aussagen zum Mineralgehalt eines potentiellen Vorkommens machen. 

Testfahrt des Multifunktionsmesssystems „Golden Eye“, das zur Aufsuchung mariner Massivsulfid-Lagerstätten im deutschen Lizenzgebiet im Indischen Ozean eingesetzt wird.

Wertvolle Informationen aus 3.000 Meter Tiefe

Mit diesem Ziel wurde das GOLDEN EYE Messsystem entwickelt. GOLDEN EYE ist eine bislang weltweit einzigartige Multisensorplattform für elektromagnetische Messungen in der Tiefsee. Namensgeber ist der aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigte, leuchtend gelbe Geräteträger, der mit seinem Durchmessen von 3.6 m an eine riesige Filmrolle erinnert. Damit ist die Plattform fast vollständig metallfrei, was die elektromagnetischen Messungen empfindlich beeinflussen würde. In der unteren Ebene ist die Sendespule installiert sowie das konzentrisch angeordnete und druckdicht vergossene Ensemble aus Kompensations-, Empfangs- und Referenzspule. 

In einem Frequenzbereich von 15 Hz bis 20 kHz werden Wirbelströme im Meeresboden induziert. Die elektrischen und magnetischen Eigenschaften können dadurch bis in ca. 20 Meter Tiefe räumlich erfasst und modelliert werden. GOLDEN EYE bietet außerdem Platz für weitere Sensorsysteme. Ein elektrisches Dipol-Dipolsystem liefert den Gleichstromwiderstand und die Aufladbarkeit des nahen Untergrunds in drei Raumrichtungen.

Um die Messungen durchzuführen, muss das GOLDEN EYE sicher den Meeresboden erreichen. Das bedeutet eine mehrstündige Reise durch die Wassersäule, bei der Wellen- und Schiffsbewegungen der Plattform zusetzen. Dabei helfen Kameras und Beleuchtung, eine akustische Positionierung und Messung des Grundabstands sowie Sonarsysteme und Lagesensoren. Gesteuert wird GOLDEN EYE passiv über die Schiffsbewegung und das Tiefseekabel. Ein Motorantrieb wie bei einem ROV würde die Messungen stören. Die Spannungsversorgung der Systeme erfolgt über Kupferleitungen im Kabel, die Kommunikation sowie die Bild- und Datenübertragung in Echtzeit über Lichtwellenleiter.

In der Tiefsee angekommen, wird GOLDEN EYE im dichten Abstand von ca. 2–5 Meter über raues Terrain und komplexe Morphologie navigiert. In der Datenzentrale an Bord des Forschungsschiffs werden dazu Videos, Lagesensoren und Bedienoberflächen der Sensorsysteme auf Monitoren überwacht. Wo es der Untergrund zulässt, wird das GOLDEN EYE am Meeresboden für eine Messung abgesetzt, oftmals bei über 30° Hangneigung.

GOLDEN EYE wurde bislang auf zwei Forschungsfahrten in die deutschen Lizenzgebiete zur Exploration von Massivsulfidvorkommen am Zentralindischen Rücken eingesetzt. Die Auswertung der Daten aus 3.000 Meter Tiefe zeigt eine deutliche Korrelation mit der Verteilung aktiver sowie fossiler Sulfidvorkommen in der Umgebung des bekannten Edmond Hydrothermalfelds. Die Auswertung und der Vergleich mit Messungen an Gesteinsproben zeigen Bereiche erhöhter Zink- und Kupferkonzentrationen, sowie die räumliche Ausdehnung und Mächtigkeit der Massivsulfidkörper. Diese Informationen werden dringend zur Rohstoffbewertung und Tonnageermittlung benötigt und dienen als Planungsgrundlage zukünftiger Beprobungs- und Bohrprogramme.

Beitrag erstellt am 6. Dezember 2018

Anemonen und Bakterienmatten im Umfeld von Schwarzen Rauchern
Foto: BGR

GOLDEN EYE auf dem Weg in die Tiefsee mit dem Forschungsschiff SONNE
Foto: K. Schwalenberg, BGR  

Referenzen

  • GOLDEN EYE - ein neues elektromagnetisches Messsystem zur Erkundung von submarinen Massivsulfidvorkommen. (o.D.). [BGR-Information, www.bgr.bund.de]. Aufgerufen am 09.11.2018. 
  • Müller, H., Schwalenberg, K., Reeck, K., Barckhausen, U., Schwarz-Schampera, U., Hilgenfeldt, Ch. & von Dobeneck, T. ,(2018). Mapping seafloor massive sulfides with the Golden Eye frequency-domain EM profiler. First Break, 36(10), 61-67. doi:10.3997/1365-2397.n0127

DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.2018.2.3.5

Zitiervorschlag: Schwalenberg, K. (2018). Golden Eye – auf der Suche nach Massivsulfiden. In O. Jorzik, J. Kandarr & P. Klinghammer (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Rohstoffe in der Tiefsee. Metalle aus dem Meer für unsere High-Tech-Gesellschaft (S. 52-54). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2018.2.3.5