Forschungsmethoden

Manganknollen: große technische Herausforderungen für die Gewinnung

Der Aufwand, um Manganknollen aus 4000 Metern Tiefe an die Oberfläche zu befördern ist immens. Viele der eingesetzten Technologien müssen komplett neu entwickelt werden, um den Anforderungen an einen Dauerbetrieb standzuhalten. Dabei warten noch viele Unabwägbarkeiten am Meeresgrund bis es zum tatsächlichen Einsatz kommt.

Text: Dr. Annemiek Vink
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

  • Bislang gibt es noch keine Erfahrungen beim langfristigen Einsatz von Abbautechnik in der Tiefsee.
  • Viele Fragen sind noch ungeklärt, z.B. ob ein Manganknollen-Kollektor in weiche Sedimente einsinkt.
  • Aus Umweltsicht ist es wichtig, minimal-invasive Abbautechniken zu entwickeln.

Die Erkundung und ein zukünftiger Abbau polymetallischer Knollen ist vergleichsweise einfacher als bei Massivsulfiden oder Kobalt-reichen Krusten, da Manganknollen ähnlich den Kartoffeln auf einem Acker dicht an dicht auf dem Meeresboden liegen und keine Tiefenerstreckung aufweisen. Trotzdem gibt es bislang weltweit noch keinen Abbau von Manganknollen, obwohl in den letzten zehn Jahren die internationalen Aktivitäten im Bereich der Erkundung von Knollenfeldern sowie der technischen Vorbereitung für deren Abbau und Verarbeitung stark zugenommen haben. 

Alle bisherigen Konzepte zur Gewinnung der Manganknollen gehen davon aus, dass man die Knollen durch raupenähnliche Fahrzeuge, die sich am Meeresboden bewegen, mechanisch oder hydraulisch aufsammelt. Die Knollen werden im sogenannten Kollektor von anhaftendem Sediment gereinigt, zerkleinert und an ein vertikales Fördersystem übergeben. Die Knollen müssen je nach Konzept über ein Lufthebeverfahren oder mittels Dickstoffpumpen über mehr als 4000 Metern zur Förderplattform an der Wasseroberfläche gefördert werden. Dort werden die Knollen entwässert und für den Transport an Land auf sogenannte Bunker-Schiffe verladen. Dabei handelt es sich um spezielle Lastschiffe, die für den Transport dieser Rohstoffe geeignet sind.

Die zu erwartenden technischen Herausforderungen liegen vor allem im zuverlässigen Betrieb der Unterwassertechnik über einen langen Zeitraum (300 Tage im Jahr) bei möglichst geringem Wartungsaufwand. Auch wenn die prinzipiellen technischen Komponenten in der Offshore Öl- und Gasförderung sowie im küstennahen Abbau von Kiesen, Sanden und Seifenlagerstätten bereits eingesetzt werden, gibt es bisher keine Erfahrungen beim langfristigen Einsatz dieser Technik in der Tiefsee. 

Die beste verfügbare und umweltschonende Technik als Ziel

Viele Komponenten für die Kollektoren, das Pumpgestänge und die Schiffe sind Neuentwicklungen, die erst noch unter realen Bedingungen getestet werden müssen. Zu erwartende technische Probleme liegen zum Beispiel in der Bewegungsfreiheit des Kollektors am Meeresboden. Wird der Kollektor in die weichen, wasserhaltigen Sedimente einsinken? Wie wirkt sich die durch den Kollektor selbst aufgewirbelte Sedimentwolke mit ihrer hohen Partikeldichte im Inneren des Kollektors auf die technischen Systeme aus? Wie effektiv ist der Sammelmechanismus des Kollektors, d.h. wieviel Prozent der Knollen können tatsächlich aufgenommen werden? Im Hinblick auf den vertikalen Transport durch die Wassersäule ist beispielsweise die Frage zu klären, ob es eine Knollengrößensortierung gibt, die zu einem Verstopfen des Stranges führen kann? Daraus leitet sich die Frage ab, bis zu welcher Größe die Knollen im Kollektor zerkleinert werden müssen.

Aus Umweltsicht ist es wichtig, minimalinvasive Abbautechniken zu entwickeln, die den Richtlinien „Best Available Technology“ (BAT) und „Best Environmental Practice“ (BEP) der Umweltbehörde der Vereinten Nationen (UNEP) entsprechen. Das bedeutet Abbautechniken, die den Eintrag von Sediment in das Wasser (Sedimentwolke) soweit wie möglich verringern und höchste Umweltstandards erfüllen. Da sich mit Hilfe von Modellrechnungen zurzeit nicht klären lässt, welches Verfahren am besten geeignet ist, können nur Versuche vor Ort im Rahmen von Komponententests oder Pilot Mining Tests Klarheit schaffen, die die prinzipielle Funktionalität des Systems nachweisen.

In Europa hat die Belgische Firma DEME-GSR einen hydraulischen Kollektorprototyp konstruiert, dessen Fahrwerk 2017 (Patania I) im belgischen Lizenzgebiet erfolgreich in 5000 m Wassertiefe getestet wurde. Für 2019 ist geplant, diese Weiterentwicklung (Patania II), die mit einem Aufnahmesystem für Knollen ergänzt wurde, im belgischen und im deutschen Lizenzgebiet zu testen. Begleitende Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen werden durch den europäischen Forschungsverbund JPIO – MiningImpact2 durchgeführt. Bei positiver Durchführung des Tests plant die Firma bis 2023 einen Kollektor im industriellen Maßstab herzustellen.

Beitrag erstellt am 6. Dezember 2018

Testkollektor Patania II der Belgischen Firma DEME-GSR, dessen Funktionalitäten im Frühling 2019 im belgischen und im deutschen Lizenzgebiet getestet werden. 

Zukünftige Abbautechnik: Die Manganknollen werden mit Maschinen vom Meeresboden geerntet und über Schläuche zum Schiff gepumpt. Bislang ist diese Technik noch nicht erprobt. Der erste Testlauf beginnt 2019 mit einem sog. Kollektor (s. Bild oben). 
Grafik aus: World Ocean Review 3, maribus gGmbH, Hamburg 2014

JPI Oceans: Ökologische Aspekte des Tiefseebergbaus

Referenzen und weiterführende Informationen

  • Kalvelage, T. (2019). „Der Abbau von Manganknollen rückt in greifbare Nähe“ [Interview mit Carsten Rühlemann (BGR) und Ulrich Schwarz-Schampera (BGR)]. Spektrum der Wissenschaft, (12), 52-58.
  • JPI Oceans. (2018). Long-term Impacts of Deep-Sea Mining. Latest Results from Marine Scientific Research (Factsheet) [jpi-oceans.eu]. Aufgerufen am 09.11.2018.

DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.2018.2.3.4

Zitiervorschlag: Vink, A. (2018). Manganknollen: große technische Herausforderungen für die Gewinnung. In O. Jorzik, J. Kandarr & P. Klinghammer (Hrsg.), ESKP-Themenspezial Rohstoffe in der Tiefsee. Metalle aus dem Meer für unsere High-Tech-Gesellschaft (S. 50-51). Potsdam: Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. doi:10.2312/eskp.2018.2.3.4