Mikroplastik in Nahrung

Hinweise auf Mikroplastik in Speisefischen und Meeresfrüchten?

Flundern oder Makrelen haben völlig unterschiedliche Fressgewohnheiten. Aber davon ist abhängig, wie die Tiere Plastik und Mikroplastik zu sich nehmen. Auch ist noch völlig ungeklärt, ob Mikroplastikpartikel, die der Mensch mit Meeresfrüchten aufnimmt, eine Gesundheitsgefährdung darstellen.

  • Für viele Arten sind die gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik noch unerforscht
  • Eine Mahlzeit Miesmuscheln enthält geschätzt 90 Partikel Mikroplastik
  • Norwegen-Hummer hält spezielle Kunstfasern in Mägen zurück

Mikroplastik in Fisch ist kein neues Phänomen. Untersuchungen, die Dr. Jan Dierking vom GEOMAR und Prof. Torkel Gissel Nielsen von der Technischen Universität Dänemark durchgeführt haben, weisen für die Ostsee nach, dass bereits seit 30 Jahren jede fünfte Sprotte und jeder fünfte Hering Mikroplastik im Magen haben. Die Menge des gefunden Mikroplastiks ist dabei über ganzen Zeitraum hinweg nahezu unverändert geblieben. 93 Prozent des gefundenen Mikroplastiks stammen von Mikrofasern aus Textilien. Es ist nach Aussage von Jan Dierking diejenige Studie zu Mikroplastik im Meer, die weltweit am längsten zurückreicht.

Im Rahmen einer Studie, die 2016 veröffentlicht wurde, untersuchten AWI-Wissenschaftler typische Speisefische: Makrelen (Scomber scombrus), Flundern (Platichthys flesus), Heringe (Clupea herengus), Kabeljau (Gadus morhua) und die Kliesche (Eisflunder, Limanda limanda). Laut Studie besetzen diese Fischarten verschiedene Lebensräume im Meer und haben unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten. Makrelen verwechseln Plastikfasern unter Umständen mit frisch geschlüpften Seenadeln, auf die sie gerne Jagd machen. In bis zu 30 Prozent der Makrelen fanden die Wissenschaftler Mikroplastik. Flundern und Klieschen, die zwar eher am Boden gründeln, wiederum nahmen kein Mikroplastik auf.

An Felsküsten, wo Plastik besonders stark zerrieben und zerkleinert wird, haben AWI-Wissenschaftler in einer weiteren Studie die Große Strandschnecke (Littorina littorea) unter die Lupe genommen. In Frankreich und Großbritannien steht sie auf dem Speiseplan. Diese Art nimmt ausschließlich pflanzliche Nahrung auf. Dabei wurde beobachtet, dass sich Mikroplastik häufig an Kelp anheftet, einer Art Riesenalge, die an Felsküsten heimisch und dort sehr wichtig für die Strukturierung des Ökosystems ist. Tiere wie die Große Strandschnecke, die diese Algen abgrasen, laufen unmittelbar Gefahr, die Mikroplastikpartikel zu verzehren. Es ist jedoch noch nicht klar, welche gesundheitlichen Folgen das für die Tiere und schlussendlich für den Menschen hat, wenn die Partikel über längere Zeit aufgenommen werden.

Mikroplastikpartikel in Muscheln und Hummern

In einer Studie aus dem Jahr 2012 stellte die AWI-Biologin Prof. Dr. Angela Köhler fest, dass Miesmuscheln (Mytilus edulis) Mikroplastikpartikel aufnehmen. Zudem zeigen sie Entzündungsreaktionen, wenn sie größeren Mengen ausgesetzt sind. Den Miesmuscheln fehlen die notwendigen Filter, um speziell Mikropartikel vom Körper fernzuhalten. Sie sind jedoch in Lage einen Großteil des Plastiks einfach wieder auszuscheiden. Dennoch enthält eine Mahlzeit Miesmuscheln von 250g geschätzt 90 Partikel Mikroplastik. In der gleichen Menge Austern (Crassostrea gigas) sind noch mehr Partikel zu finden. So nimmt ein Europäer durch den Verzehr von Schalentieren geschätzt 11.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr auf.

In einer Untersuchung fand ein britisches Forscherteam beim Norwegen-Hummer (Nephros norvegicus) heraus, dass spezielle Kunststofffasern, die von Schleppnetzen oder Plastiktüten stammen, aufgenommen jedoch aber nicht ausgeschieden werden. 83 Prozent der untersuchten Tiere enthielten Plastik in ihren Mägen. Der Norwegen-Hummer ist für die Fischerei in Schottland die wertvollste Art. Die hohe Nachweismenge an Plastik kann Auswirkungen auf die Gesundheit der Bestände und eventuell auch den Menschen haben. Der Darm dieser Tiere wird nicht immer in Gänze vor dem Verzehr entfernt.

Beitrag aktualisiert am 30. November 2017

Mikroplastik ist heute schon Bestandteil der Nahrungskette. Der Nährwert ist aber gleich null. 

Wie gefährlich ist Plastikabfall für Meeresorganismen? Vortrag von Dr. Mark Lenz beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Quellen

  • Bejgarn, S., MacLeod, M., Bogdal, C., & Breitholtz, M. (2015). Toxicity of leachate from weathering plastics: An exploratory screening study with Nitocra spinipes. Chemosphere, 132, 114-119. doi:10.1016/j.chemosphere.2015.03.010
  • Gutow, L., Eckerlebe, A., Gimenez, L. & Saborowski, R. (2016). Experimental evaluation of seaweeds as vector for microplastics into marine food webs. Environmental Science & Technology, 50(2), 915-923. doi:10.1021/acs.est.5b02431
  • Rummel, C. D., Löder, M. G. J., Fricke, N. F., Lang, T., Griebeler, E. M., Janke, M. & Gerdts, G. (2016). Plastic ingestion by pelagic and demersal fish from the North Sea and Baltic Sea. Marine Pollution Bulletin, 102(1), 134-141. doi:10.1016/j.marpolbul.2015.11.043

Weiterführende Informationen

  • Galloway, T. S. (2015). Micro- and Nano-plastics and Human Health. In M. Bergmann, L. Gutow & M. Klages (Hrsg.), Marine Anthropogenic Litter (S. 343-366). Cham: Springer. doi:10.1007/978-3-319-16510-3_13