Beobachtung aus dem All und im Labor

Satelliten-gestützte Methoden

Fernerkundung ist eine Schlüsseltechnologie im Umweltmonitoring. Sie verspricht in vielen Anwendungsbereichen einen enormen Zeitgewinn sowie relativ kontinuierliche Datenerhebungen, automatisiert und über große Flächen. Kann sie auch bei der Kartierung von Plastikmüll helfen?

  • Mikroplastik momentan nicht direkt messbar
  • Andere Parameter (z.B. Gelbstoffe) geben möglicherweise indirekt Aufschluss über Ausbreitungswege von Mikroplastik im Meer und Gewässern.
  • Erforschung direkter Methoden läuft (Kurzwellen-Infrarot-Spektrometer)

Das große Manko aller hier vorgestellten Labormethoden ist der enorme, teils manuelle (Zeit-)Aufwand, der nötig ist, um Plastik im Wasser zu identifizieren. Ob die Fernerkundung geeignet ist, um indirekt und weltweit auch Kunststoffabfällen im Wasser nachzuspüren, wird momentan am Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) untersucht. Wie verteilt sich Plastik vom Klärwerk oder von Mülldeponien aus im Fluss? Wo verbleiben große Mengen des Mülls im Meer? Gibt es charakteristische Muster in der Ausbreitung von Plastik? Diese Fragen beschäftigen die Forscher.

Auf den ersten Blick erscheint ihr Vorgehen für den Laien ungewöhnlich: Die Fernerkundler sind zunächst oft eher im Feldeinsatz, steuern Boote, sind auf Flüssen unterwegs, um mit einem speziellen Fischernetz, dem Manta Trawl, mit Mikroplastik belastete Wasserproben zu entnehmen. Das GFZ untersuchte Elbe, Trave und Po (Italien). Dabei messen die Forscher jedoch immer auch kleinste Schwebstoffe im Wasser (SPM), das Grün (Chlorophyll a) des Planktons, die Temperatur und Gelbstoffe (Huminsäuren). All diese Stoffe könnten sich letztlich, so die Hoffnung der Forscher, ähnlich wie Mikroplastik im Wasser verbreiten. Sie schweben und sind der Strömung ausgeliefert. Gelbstoffe beispielsweise aus Klärwerken treiben zusammen mit Mikroplastik, welches selbst praktisch nicht direkt messbar ist. Der Forschungsansatz hierbei lautet: Indirekt Informationen sammeln und über Modelle dann Ausbreitungswege von Mikroplastik simulieren.

Doch eine Herausforderung bei der Probenahme auf Flüssen und im Meer ist: Bekommen die Forscher zeitgleich brauchbare optische Fernerkundungsdaten von demselben Ort? Nur wenn die Wolkenbedeckung an diesem Tag auch beim Überflug des Satelliten gering war, lassen sich die Wasserparameter (Oberflächentemperatur, Chlorophyll a bzw. Schwebstoffe) ebenso gut aus der Luft beobachten. Die Satelliten 'Landsat 7 und 8', zwei baugleiche 'Sentinel 2'-Satelliten und 'Rapid Eye' liefern momentan circa wöchentlich Daten von jeweils demselben Ort auf der Erde. Dieser Abgleich ist der Schlüssel, um die Tauglichkeit der Methode auch für Mikroplastik zu testen.

Wir wissen noch viel zu wenig darüber, wie sich der Müll unter dem Einfluss von Strömungen und Wind verhält.

Kurzwellen-Infrarot-Spektrometer

Diese neue Methode wird gegenwärtig in Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth am Deutschen GeoForschungsZentrum getestet. Dabei wird anhand der charakteristischen Absorptionseigenschaften von Polymeren im kurzwelligen Infrarotbereich, dem sogenannten SWIR-Bereich (Short Wave-Infrared), überprüft, ob eine direkte Identifikation und Quantifizierung des auf dem Wasser treibenden Kunststoffabfalls möglich ist. Dies würde wesentlich zum Verständnis von Eintragsquellen, Verbreitungsmustern und Senken des Kunststoffabfalls an der Wasseroberfläche beitragen.

Eine Vermutung haben die Forscher schon. Plastik sammelt sich beispielsweise vor allem da, wo zwei (große) Wassermassen aufeinander treffen, die sich aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften nicht gut vermischen. Diese Wassermassen haben meist sehr unterschiedliche Salzgehalte oder Temperaturen. Dadurch entsteht eine senkrechte Grenzfläche, eine sogenannte Front, zwischen diesen Wassermassen - von oben betrachtet also eine dünne Linie auf dem Wasser. Entlang dieser Linie sammeln sich dann schwimmende (Plastik-)Teilchen.

Die Idee zur Nutzung des SWIR-Spektralbereichs stammt aus der Recycling-Industrie. Dort wird die SWIR-Bildgebung bereits heute sehr erfolgreich in der Müllsortierung eingesetzt. Automatisiert sind die Sensoren im Sortierprozess in der Lage zumindest die Hauptplastikarten (z.B. PE, PP, PET, PVC, Polystyrol) schnell auseinander zu halten. Der in der Sektion Fernerkundung des GFZ vorhandene SWIR-Sensor HySpex-320m-e kann sowohl im Labor, als auch im Flugzeug eingesetzt werden. Im Labor erzeugt er hyperspektrale Bilder mit einer Pixelgröße von 52 Mikrometern und kann so zur Erkennung von kleinem Mikroplastik aus Gewässerproben eingesetzt werden. Aus dem Flugzeug scannt der Sensor die Erde mit ca. 1 m großen Pixeln ab und die Forscher testen derzeit, ob so Meeresmüll an Küsten und Stränden aus der Luft kartiert werden kann.

 Beitrag erstellt am 8. November 2017

 

Hintergrundinformation:
Kunststoffe und ihre Verwendung

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