Handlungsoptionen: Stadtklima verbessern

Klimaschutz weltweit finanzieren

Die schnell wachsenden Städte der Welt können eine klimaverträgliche Infrastruktur nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Der globale Mittelbedarf ist immens. Eine ökonomische Forschergruppe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung analysiert die Ursachen für und Wege zur Deckung der Finanzierungslücke. 

Text: Prof. Dr. Reimund Schwarze

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)

  • Schnell wachsenden Städte sind beim Aufbau einer klimaverträglichen Infrastruktur auf vielfältige neue Finanzierungsquellen angewiesen.
  • Städte nehmen eine Schlüsselrolle ein, denn circa 80 Prozent der Kosten für die Klimaanpassung werden hier anfallen.
  • Die Globale Kommission für Wirtschaft und Klima (New Climate Economy, 2014) untersuchte die zusätzlichen Investitionen, die erforderlich sind, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen.

Die schnell wachsenden Städte der Welt können Klimaschutz und Klimaanpassung,  d.h. eine klimaverträgliche Infrastruktur, nicht allein aus öffentlichen Mitteln finanzieren, sondern sind auf vielfältige neue Finanzierungsquellen angewiesen. Der globale Mittelbedarf dafür wird auf fast eine Billion US-Dollar pro Jahr geschätzt. Die heute verfügbaren Mittel für die Klimafinanzierung aus öffentlichen Quellen betragen dagegen aber nur ca. 55 Milliarden US-Dollar. Sie müssten verzwanzigfacht werden, um den globalen Bedarf allein aus öffentlichen Mitteln zu decken. Eine ökonomische Forschergruppe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ analysiert die Ursachen für und Wege zur Deckung dieser immensen Finanzierungslücke und zeigt die vielfältigen Vorteile einer klimaverträglichen Stadtentwicklung in globalen und lokalen Zusammenhängen auf. Städte nehmen eine Schlüsselrolle ein, denn circa 80 Prozent der Kosten für die Klimaanpassung werden hier anfallen. Dies sind gewaltige Summen. Die Wissenschaftler vom UFZ arbeiten deshalb am Aufbau einer internationalen Datenbank mit Praxisbeispielen mit, entwickeln Instrumente der städtischen Entscheidungsunterstützung und wirken bei der Synthese sowie dem Transfer von Wissen in internationalen Netzwerken der Stadtklimaforschung mit. Das Praxisbeispiel Hongkong zeigt mit einem innovativem Ansatz, wie das Nahverkehrsnetz nachhaltig finanziert und ausgebaut werden kann.

Die Globale Kommission für Wirtschaft und Klima (Davis & Wynn, 2014) untersuchte die zusätzlichen Investitionen, die erforderlich sind, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Ziel ist es, die globale Erwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten. Die Abbildung stellt die Nettokosten dar, d.h. die Zusatzkosten abzüglich der Kosteneinsparungen durch klimaverträgliche Investitionen.

Zu sehen ist, dass zusätzliche Kosten in erster Linie dadurch entstehen, dass die Gebäude, Industrie und der Verkehr in Städten energieeffizienter gestaltet werden müssen. Die Summe beträgt weltweit circa 9000 Milliarden oder 9 Billionen US-Dollar. Insbesondere die Wende im Energiesektor erfordert zusätzliche finanzielle Ressourcen. Dies schlägt sich in einem Kostenzuwachs von 5 Billionen US-Dollar nieder. Diese Zusatzkosten, in der Summe von 14 Billionen US-Dollar, werden jedoch durch verschiedene Kosteneinsparungen ausgeglichen. Die größten Kosteneinsparungen, nämlich rund 6 Billionen US-Dollar, entstehen durch sinkende Kapitalkosten für Investitionen in fossile Brennstoffe. Fast ein Drittel dieser Einsparungen resultiert aus der Vermeidung des erwarteten Anstiegs der Finanzierungskosten für Investitionen in fossile Brennstoffe. Wenn die von der Gesellschaft zu tragenden Umweltrisiken aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe von den Betreibern eingepreist werden, sinkt der Wert dieser Kapitalanlagen manchmal auf bis auf Werte nahe Null wie zuletzt (2016) bei der Kohle in Osten der USA.

Das Risiko solcher „verlorenen Investitionen“ („Stranded Assets“) bleibt den Investoren erspart, wenn sie in erneuerbare Energie investieren und senkt damit perspektivisch deren Finanzierungskosten (geschätzt um 1,8 Billionen US-Dollar weltweit). Das Risiko von „verlorenen Investitionen“ ist damit ein ganz wesentliches Argument, um die Kosten für eine klimafreundlichere Infrastruktur vertretbar zu machen.

Städte gefährden ihre künftige Kreditwürdigkeit, wenn sie an Infrastrukturinvestitionen mit fossilem Brennstoff wie bisher festhalten. Würde die CO2-Risikokalkulation zu einem systematischen Element der Investitionsplanung in Städten werden, dann könnten Risiken, d.h. die Gefahr verlorener Investitionen  tatsächlich dazu dienen, um klimaverträgliche Investitionspläne von Städten zu rechtfertigen. Ersparnisse ergeben sich auch durch die intelligente Übertragung und Verteilung von Strom in kompaktere und besser vernetzte, IT-gesteuerte Stadtsysteme (in der Summe von – 3,3 Billionen US-Dollar). Die Nettozusatzkosten für eine klimaverträgliche Umstellung der Infrastruktur der Städte werden sich damit auf etwa 4,7 Billionen US-Dollar belaufen und damit nur etwa 5 Prozent mehr als unter "Business as usual" (Basisfall) ohnehin erforderlich wären. Ein ganz hervorragendes Argument für einen schnellen Umstieg.

Beitrag erstellt am 9. Mai 2018

Quellen

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