Handlungsoptionen: Stadtklima verbessern

Hemmnisse der Anpassung an die Folgen des Klimawandels

Vor welchen zentralen Herausforderungen stehen Städte? Was erschwert die Anpassung von Städten an den Klimawandel? Wie können die Hemmnisse überwunden werden? Wissenschaftler vom Climate Service Center Germany (GERICS) gehen diesen Fragen nach.

Text: Dr. Markus Groth (GERICS)

In den letzten Jahren haben nationale und europäische Forschungsprojekte den Aufbau von urbanen Anpassungsstrategien an den Klimawandel auf lokaler Ebene stark gefördert. In den Abschlussberichten wird jedoch nur sehr wenig – bis überhaupt nicht – auf etwaige Hemmnisse eingegangen, die im Verlauf des Anpassungsprozesses auftraten. Dabei sind Kenntnisse über diese Hemmnisse von großer Bedeutung, um eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Städten zu unterstützen.

Diese Aspekte wurden deshalb am Climate Service Center Germany (GERICS) in zwei Projekten adressiert. Um Anpassungshemmnisse nicht nur zu identifizieren und kategorisieren, sondern auch zu untersuchen, wo sie zeitlich im Anpassungsprozess auftreten und wie sie überwunden werden könnten, führte Phillipe Weyrich zahlreiche, semi-strukturierte Experteninterviews mit Entscheidungsträgern aus neun Städten in Deutschland durch. In die Untersuchungen einbezogen wurden Aachen, Bad Liebenwerda, Essen, Jena, Karlsruhe, Nürnberg, Regensburg, Saarbrücken und Syke. Gestützt wurden die Untersuchungen darüber hinaus durch Ergebnisse eines Agendaprozesses zu Bedarfen von kommunalen Entscheidungsträgern zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Groth und Nuzum 2016).

Wie können in Städten Hemmnisse zur Anpassung an den Klimawandel überwunden werden?

  • Bewusstseinsbildung in Kommunen
  • No-regret-Ansätze: Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel wählen, die weiteren positiven Nutzen für die Stadtbewohner mit sich bringen
  • Gesetze, verbindliche Strategien und Pläne schaffen
  • effektive Kooperation von Ämtern/Verwaltungsebenen
  • Führungsstärke in Schlüsselpositionen

Fehlende Ressourcen, strukturelle Barrieren und eine mangelnde Sensibilisierung als zentrale Hemmnisse

Die Auswertung der Untersuchungen zeigte einige wichtige Hemmnisse auf. Neben fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen, zählen strukturelle Barrieren zu den dominierenden Anpassungshemmnissen in Kommunen. Dazu gehören beispielsweise unklare Zuständigkeiten, mangelnde gesetzliche Verbindlichkeit oder widersprüchliche Mandate und Ziele innerhalb der Verwaltung. Hinzu kommt eine mangelnde Sensibilisierung für das Thema durch Entscheidungsträger in den Kommunen, aber auch bei Bürgern oder der Wirtschaft.

Zugleich wird deutlich, dass Hemmnisse im Anpassungsprozess zeitlich ganz unterschiedlich stark auftreten. Vor allem in der frühen Phase der Anpassung sind verhältnismäßig viele Hürden zu nehmen. Klimafolgen müssen erst einmal wahrgenommen werden. Es muss sowohl eine Bewusstseinsschwelle als auch eine Ansprechschwelle zur Notwendigkeit und Machbarkeit von Maßnahmen erreicht werden.

Während der tatsächlichen Umsetzung von Maßnahmen ist dann eine Dominanz institutioneller Barrieren zu erkennen. Es treten nun zudem viele Hemmnisse erneut auf, die bereits in den vorherigen Phasen relevant waren. Dazu gehören etwa fehlendes Problembewusstsein oder kommunalpolitische Zielkonflikte.

Wo Hemmnisse entstehen und wie sie überwunden werden können

Hemmnisse stammen meist aus dem übergeordneten Kontext. Stellt man sie entlang ihrer räumlichen und zeitlichen Skalen dar, so wird deutlich, dass die Mehrheit der Hemmnisse zwar im Einflussbereich der heute handelnden Akteure liegen, meist jedoch beruhen sie auf dem, was in der Vergangenheit von mitunter anderen Entscheidungsträgern beschlossen wurde. Um solche oftmals ökonomischen und institutionellen Barrieren zu überwinden, ist in der Regel eine Unterstützung von übergeordneten Verwaltungsebenen nötig. Von etwa gleicher Bedeutung sind personenbezogene Hemmnisse, die eng mit den handelnden Akteuren verbunden sind. Diese können durch Bewusstseinsbildung, Kommunikation oder Kooperation überwunden werden.

Die Gesamtschau zeigt, dass insbesondere die folgenden fünf Aspekte dazu beitragen können, Hemmnisse zu überwinden bzw. dafür zu sorgen, dass sie nicht auftreten:

  1. Verbindliche nationale, regionale und lokale Rahmenbedingungen: Gesetze, Strategien und Pläne
  2. effektive Kooperation und Zusammenarbeit zwischen den Ämtern/Verwaltungsebenen
  3. Führungsstärke in Schlüsselpositionen
  4. Zugang zu wissenschaftlichen Informationen/Expertisen
  5. persönliche Qualitäten und Eigenschaften

Weiterer Forschungsbedarf

Der zukünftige Umgang mit Hemmnissen der Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Städten ist noch immer durch einen umfassenden anwendungsbezogenen Forschungsbedarf gekennzeichnet. An dieser Stelle sollen exemplarisch die folgenden Forschungsfragen hervorgehoben werden, die noch geklärt werden müssen:

  1. Wie können rechtliche Rahmenbedingungen und Anreizsetzungen so ausgestaltet werden, dass das Entstehen von Hemmnissen verhindert wird?
  2. Welchen Beitrag kann die Institutionenökonomik zur erfolgreichen horizontalen (bspw. Mainstreaming oder Partizipation) und vertikalen (bspw. Multi-Level-Governance) Integration von Anpassung in bestehende kommunale Strukturen leisten?
  3. Welche Rolle spielen Unternehmen sowie Bürger für die Entstehung und Überwindungen von Hemmnissen der Anpassung in Städten?
  4. Wie können bestehende Analyserahmen verfeinert werden, um Verbindungen und Interaktionen zwischen verschiedenen Hemmnissen in unterschiedlichen Phasen des Anpassungsprozesses besser verstehen und beeinflussen zu können?
  5. Welcher Bedarf an klimarelevanten Daten und Informationen sowie konkreten Instrumenten und anderen Unterstützungsformen besteht in Kommunen, um Hemmnisse zu überwinden?

Lösungsoption: Der GERICS-Stadtbaukasten

Wie funktionstüchtig und ressourcenschonend kann die eigene Stadt unter den Bedingungen des Klimawandels sein? Lässt sich die künftige Lebensqualität heute schon positiv beeinflussen? Der Stadtbaukasten des Climate Service Center Germany (GERICS) bietet Kommunen Hilfe beim Umbau zur Klima-Nachhaltigkeit an.

Um der Individualität der Städte Rechnung zu tragen, findet zu Beginn des Einsatzes des Stadtbaukastens immer eine Analyse der jeweilgen Standortcharakteristika statt, um die Stadtbaukasten-Module auf die jeweiligen Erfordernisse auszurichten. Dabei können Städte einzelne Module  des Stadtbaukastens wählen, oder auch alle.

Zur Verfügung stehen elf Modulgruppen, darunter zum Beispiel: Wasser in der Stadt, klimaangepasste Stadtentwicklung, Weiterentwicklung von Klimaschutzkonzepten, urbanes Grün, oder Ökonomie und Finanzierung. Ziel ist die die Entwicklung praxistauglicher  Maßnahmen in den gewählten Modulen sowie deren  Umsetzung. Diese erfolgt stets in enger Abstimmung mit der jeweilige Stadt oder Kommune. Das Beratungsangebot schließt auch Folgekosten durch Wartungs- oder Pflegearbeiten mit ein. Mehr Informationen zum GERICS-Stadtbaukasten sowie Ansprechpartner finden Sie hier.

Beitrag erstellt am 8. Mai 2018

Quellen

  • Groth, M. und A.-K. Nuzum (2016): Informations- und Unterstützungsbedarf von Kommunen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. GERICS-Report 25. Climate Service Center Germany, Hamburg. Link
  • Weyrich, P. (2016): Barriers to Climate Change Adaptation in Urban Areas in Germany. GERICS-Report 26. Climate Service Center Germany, Hamburg. Link

Lesetipp

  • Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (2018): Praxisleitfaden "Klimaschutz in Kommunen". Link
  • Umweltbundesamt: "Wie deutsche Städte sich an den Klimawandel anpassen." Link